Verbundprojekt: Anwendung von Reinigungswänden - Teilvorhaben: Koordination des Forschungsverbundes, Erstellung eines Leitfadens

Projekt: Forschung

Projektbeteiligte

Beschreibung

1. Zum Stand der Reinigungswandtechnologien

Weltweit, insbesondere in Nordamerika und Westeuropa, räumt man in den letzten Jahren den Reinigungswandtechnologien (auch Reaktive Wände genannt, im angelsächsischen Sprachraum z.B. Permeable Reactive Barriers (PRB) oder Treatment Zones) erhebliche Zukunftschancen ein, da sie als passive in-situ-Verfahren z.B. gegenüber den herkömmlichen aktiven Pump-and-Treat-Methoden deutliche Vorteile besitzen: Der Energieverbrauch ist extrem gering, es erfolgt kein massiver Eingriff in das Grundwasserregime und die Sanierungsmaßnahme findet direkt im Untergrund im kontaminierten Grundwasserleiter statt, d.h. eine aufwendige Anlagentechnik ist a priori weder einzurichten noch zu betreiben noch auf längere Zeit zu unterhalten oder vorzuhalten.

Seit ca. 1995 ist insbesondere in Nordamerika die Zahl der durchgeführten Pilotprojekte mit Reaktiven Wänden kontinuierlich gestiegen [1-3], wobei die prinzipielle Durchführbarkeit, Anwendbarkeit und Reinigungsleistung in den meisten Fällen eindeutig belegt wird. Vornehmlich handelt es sich um Schadensfälle mit chlorierten Ethenen, bei denen man nullwertiges Eisen als Dehalogenierungsmittel zur Anwendung bringt. Einige Pilotvorhaben weisen mittlerweile bereits eine Laufzeit von bis zu 5 Jahren auf und liefern konstante Abbauergebnisse, z.B. das Funnel-and-Gate-Pilotsystem auf dem Moffett Federal Airfield, Mountain View, südlich San Francisco (LCKW-Schaden, Behandlung mit elementarem Eisen, gebaut April 1996 [1,3]), oder das Funnel-and-Gate-Pilotsystem auf der Dover Air Force Base, Delaware (LCKW-Schaden [1, 4], ebenfalls Behandlung mit elementarem Eisen, gebaut Dezember 1997).

Allerdings haben die Reinigungswandtechnologien bisher noch nicht den Status von vollwertigen, allgemein anerkannten Sanierungsverfahren erlangt, und es gibt noch Vorbehalte, diese Techniken bereits heute oder in der nächsten Zukunft im volltechnischen Maßstab auf breiter Front einzusetzen. Für die anzutreffenden Bedenken insbesondere auf Seiten der Administrationen und den Problem-Eignern Reinigungswände für die Sanierung von Grundwasserschadensfällen in steigendem Maße anzuwenden, werden vor allem zwei Gründe genannt:

1. Ungenügende Kenntnisse über das Langzeitverhalten aufgrund heute noch fehlender Langzeitstudien und belastbarer Langzeitmodelle.

2. Ungenügende Kenntnisse über die Wirtschaftlichkeit.

Das Langzeitverhalten ist jedoch bei Reinigungswandtechnologien von zentraler Bedeutung, weil für die durchgreifende Abreinigung eines Schadensfalles zumeist mit einer Laufzeit in der Größenordnung von Dekaden zu rechnen ist. Das Langzeitverhalten wird im wesentlichen durch die Langzeitstabilität der Reaktormaterialien bestimmt, diese wiederum z.B. durch die Inhibierungstoleranz der Reaktormaterialien gegenüber hydraulischen und hydrochemischen Veränderungen. Zum Langzeitverhalten gehört ferner die Betrachtung des langfristigen Austrages möglicherweise grundwassergefährdender Abbau- und Umsatzprodukte aus den Reaktoren.

Der zuverlässigen Erhebung und Prognose von Langzeitdaten kommt folgerichtig eine herausragende Bedeutung zu [5]. Weil es sich um vergleichsweise junge Technologien handelt, sind aber gegenwärtig zum Langzeitverhalten überwiegend nur Daten aus Laborexperimenten und Technikumsversuchen erhältlich, die mehr oder weniger einen modellhaften Charakter aufweisen und nur Teilaspekte der realen Situation am Standort simulieren.

Die Wirtschaftlichkeit hängt, insbesondere im Vergleich mit herkömmlichen aktiven Sanierungsverfahren, stark von einem stabilen und zuverlässig prognostizierbarem Langzeitverhalten ab. Da die Investitionskosten und die anfänglichen Kosten beim Bau einer Reaktiven Wand i.d.R. hoch sind, ergeben im Idealfall die Gesamtkosten nur in der Langzeitbetrachtung über viele Jahre ein günstiges Bild, weil dann beispielsweise fast nur noch Monitoring-, dagegen aber sehr geringe Betriebskosten anzusetzen sind. Die für ökonomische Betrachtungen wesentlichen Parameter können aufgrund eines herrschenden Mangels an verlässlichen Langzeitdaten bislang nur unzuverlässig ermittelt werden; damit lassen sich aber gegenwärtig nur unzureichend Vergleiche mit herkömmlichen, etablierten Verfahren anstellen.

2. Entwicklung in Deutschland

In Deutschland sind während der vergangenen Jahre einige Pilotprojekte mit ersten vielversprechenden Ergebnissen in Bezug auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit realisiert worden, und zwar an den drei öffentlich geförderten Modellstandorten Rheine (LCKW) [6], Tübingen (LCKW) [6, 7] und Karlsruhe (PAK) [6, 8] sowie an zwei privat finanzierten Standorten, nämlich in Edenkoben (LCKW) [6] und Denkendorf (LCKW). Weitere sind in jüngster Zeit bekannt geworden, wie z.B. das Adsorberwandprojekt in Reichenbach an der Fils (LCKW) [9].

Damit ist die möglicherweise erhebliche Bedeutung dieser Verfahren als Zukunftstechnologien für die Grundwassersanierung auch in Deutschland evident geworden [10], und es sollen nun als Alternative zum bereits in Nordamerika patentierten Einsatz von nullwertigem Eisen für die Dehalogenierung polyhalogenierter Schadstoffe und Redoxfällung bestimmter Schwermetalle schnellstmöglich auch eigene Lösungen für den nationalen und internationalen Markt entwickelt werden. Hierzu wurde zunächst im Jahr 1999 in Bitterfeld die Großversuchseinrichtung SAFIRA durch das Umweltforschungszentrum Leipzig in Zusammenarbeit mit weiteren Forschungseinrichtungen und interessierten Unternehmen in Betrieb genommen [11]. Das Projekt dient im wesentlichen der Grundlagenforschung und wird mit Mitteln des BMBF gefördert.

3. Aufbau, Aufgaben und Ziele des Forschungsverbundes RUBIN

Um technische Neu- und Weiterentwicklungen in Deutschland zusätzlich gezielt zu fördern, hat das BMBF darüber hinaus im Mai 2000 den neuen Forschungsverbund RUBIN eingerichtet [12, 13], in dem gleichermaßen Unternehmen und Forschungseinrichtungen eng zusammenarbeiten, um vornehmlich die technischen Probleme bei der Errichtung und beim Betrieb von Reinigungswänden zu untersuchen und teilweise auch durch ganz neue, innovative Ansätze zu lösen. Die vorgesehene Laufzeit und die finanzielle Ausstattung betragen 3 Jahre bzw. ca. 4 Millionen Euro.

Insgesamt 12 Einzelvorhaben bilden den Verbund RUBIN. In 9 Projekten sind die Erstellung und der Betrieb oder wichtige grundlegende und vorbereitende FuE-Arbeiten zur Errichtung einer Reaktiven Wand oder Zone im technischen Maßstab als Hauptaufgaben vorgesehen.

Drei weitere Projekte widmen sich wichtigen übergreifenden Frage- und Problemstellungen. Im Vorhaben der Universität Tübingen (Prof. G. Teutsch) werden Modelle zur Kostenschätzung und Wirtschaftlichkeitsberechnung für Reaktive Wände entwickelt, die u.a. idealerweise mit Hilfe der Daten aus den 9 Einzelprojekten, bei denen Bauwerke errichtet werden, erstellt und/oder überprüft werden können. Die Universität Kiel (Prof. A. Dahmke) hat die Aufgabe, verbesserte Methoden für das Qualitätsmanagement, das Monitoring und Voruntersuchungen zu entwickeln, wobei speziell Anstrengungen zur weiteren Aufklärung der Reaktionsmechanismen und zur Ermittlung einer vollständigen Massenbilanz unternommen werden. Die Fachhochschule Nordostniedersachsen (Prof. H. Burmeier) koordiniert den Forschungsverbund in fachlicher Hinsicht und ist verantwortlich für die Erstellung eines Handbuches und Kompendiums zur Technik der Reaktiven Wände, das u.a. schwerpunkthaft einen allgemeinen Leitfaden für Planung, Entwicklung, Genehmigung, Errichtung und Betrieb von Reaktiven Wänden im Rahmen der allgemeinen Altlastenbearbeitung in Deutschland enthalten wird.

RUBIN soll Antworten auf Fragen zur Anwendbarkeit, Implementierung und Leistungsfähigkeit der Reinigungswandtechnologien im volltechnischen Maßstab geben. Dazu wurden im einzelnen mehrere Hauptaufgaben und -ziele für den neuen Forschungsverbund definiert:

1. Die RUBIN-Projekte sollen in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Forschung (Hochschulen), Entwicklung (Hochschulen und Unternehmen), Planern (Ingenieurbüros), ausführenden Unternehmen (Spezialtiefbau) und Behörden schwerpunktmäßig auf die Errichtung volltechnischer Bauwerke gerichtet sein.

2. Die RUBIN-Projekte sollen umfangreiche Daten, Informationen, Erkenntnisse und Lösungsansätze liefern sowohl für Frage- und Problemstellungen in den Gebieten Entwicklung und Planung, Konstruktion und Betrieb, Monitoring als auch in Bezug auf die Umweltauswirkungen, rechtliche und Genehmigungs-Aspekte und die Steigerung der Akzeptanz bei Behörden und Problem-Eignern.

3. RUBIN soll dazu beitragen, dass sich künftig die Vor- und Nachteile und die Anwendbarkeit für den konkreten Einzelfall zuverlässig prognostizieren und damit bewerten lassen.

4. Durch die Aufnahme von Projekten, die bereits bestehende Bauwerke dem Verbund beisteuern, wie z.B. die Vorhaben mit Wandbauwerken in Rheine und in Edenkoben, werden Untersuchungen zu ersten Langzeitstudien ermöglicht.

5. Es sollen Qualitätsstandards und ein möglichst allgemein anwendbares und übertragbares Qualitätsmanagement für den Bau, den Betrieb und das Monitoring ausgearbeitet werden.

6. Die tatsächlichen Investitionskosten der zu errichtenden Bauwerke bilden die Grundlage für genauere Ansätze zu Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Vergleiche mit der herkömmlichen Pump-and-Treat-Technologie.
AkronymRUBIN I
StatusAbgeschlossen
Zeitraum01.03.0031.12.06