10. Jahrestagung des Arbeitskreises Empirische Personal- und Organisationsforschung - AKempor 2012

Aktivität: Wissenschaftliche und künstlerische VeranstaltungenKonferenzenForschung

Thorsten Jochims - Präsentator*in

    Arbeiszufriedenheit: Sackgasse, Irrwege, Auswege

    Die Erforschung der Arbeitszufriedenheit kann auf eine lange Tradition verweisen (einige Autoren verweisen auf über 4000 Arbeiten zu dem Thema). Zusammenhänge der Arbeitszu-friedenheit zu anderen Phänomenen wurden eingehend untersucht. Dabei wird die Arbeitszu-friedenheit wahlweise und je nach Untersuchungszweck als abhängige oder unabhängige Va-riable betrachtet. Und das Interesse der Wissenschaftler und Praktiker an der Arbeitszufrie-denheit nimmt kaum ab. Gerade die Untersuchung von Arbeitszufriedenheit als Prädiktor von Arbeitsleistung erfreut sich immer noch großer Beliebtheit. Gleichzeitig bestehen noch viele offene Fragen. Häufig wird auch von widersprüchlichen Ergebnissen berichtet. Exemplarisch zu nennen sind nur folgende Bereiche der Arbeitszufriedenheitsforschung:
    • Gefühl oder Urteil?
    • Mikro oder Makro?
    • lineare kontinuierliche Entwicklung oder Sprünge?
    • Einheitsgefühl oder Formvielfalt?
    • Problembeseitigung oder Problemverarbeitung?
    • Grundbedürfnisse oder individuelle Bedürfnisse?
    • Maximierung der Zufriedenheit oder Vermeidung von Unzufriedenheit?
    • Tätigkeit oder Beziehung?
    • Individual- oder Organisationsphänomen?
    Anhand der obigen Fragen sollen aktuelle Entwicklungen des Forschungsgebietes aufgezeigt und bewertet werden. Mittels eigener umfangreicher Fallstudien soll weiterhin betrachtet werden, in welcher Weise in dem Forschungszweig der Arbeitszufriedenheit methodisch und inhaltlich alte vielversprechende Wege weitergeführt und neue Wege beschritten werden kön-nen, um die Diskussion eines immer noch sehr lebendigen und relevanten Themas weiter an-zureichern. Theoretisch konzentrieren wir uns auf die Weiterentwicklung einer Theorie der Problemverarbeitung, die auf zentrale sozialpsychologische Erkenntnisse aufbaut. Handlungs-relevant für die Individuen ist nach der vorliegenden Betrachtung vor allem das Bedürfnis nach Vermeidung von Unzufriedenheit. Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Verarbei-tung von Einflüssen, die Unzufriedenheit bedingen können, durch zentrale Kontextfaktoren (insbesondere der Beziehungsqualität) maßgeblich beeinflusst wird. Die Theorieentwicklung bietet den Rahmen, sich mit obigen Fragen näher auseinanderzusetzen. Dennoch streben wir nicht nach der Entwicklung einer „Supertheorie“, die alle Phänomene erklären kann. Unser Interesse zielt vielmehr auf die Betrachtung des Prozesses der Entstehung von Zufriedenheit bzw. der Vermeidung von Unzufriedenheit. Dabei werden wir zeigen, dass einige oben aufge-führte Fragen kein Widerspruch sind, sondern sich mittels der Theorie der Problemverarbei-tung gut verknüpfen lassen.
    Mit der Theoriediskussion einher geht die Forderung nach methodischer Neuorientierung. Mathematische Modelle (Korrelations- und Regressionsrechnungen) können nur in Ausnah-mefällen das komplexe soziale Miteinander der Arbeitsbeziehung hinreichend abbilden. Häu-fig führen einfache lineare Modelle sogar zu einer Verschleierung bedeutender Phänomene.
    In der Empirie betrachten wir daher zentrale Zusammenhänge anhand einiger intensiver Fall-studien. Während sich mittels empirischer Massenerhebungen (Data Mining) häufig nur Ober-flächenphänomene beschreiben lassen, erlaubt das Fallstudiendesign tiefere Einblicke in das Untersuchungsgebiet und auch die Kontextfaktoren der untersuchten Zusammenhänge lassen sich näher ergründen. Unsere Untersuchung ist geleitet durch zentrale Thesen, um im kom-plexen Feld der Personal- und Organisationsforschung nicht von den vielfältigen Eindrücken überfordert zu werden, gleichzeitig lässt das Vorgehen Raum, um beobachtete Zusammen-hänge zu integrieren, die vorher noch nicht als relevant identifiziert werden konnten. Die the-oretischen Vorüberlegungen geben den Rahmen der Untersuchung vor. In der Empirie setzen wir auf eine Triangulation unterschiedlicher Methoden. Erkenntnisse aus standardisierten schriftlichen Befragungen, Interviews und teilnehmenden Beobachtungen werden systema-tisch zusammengefügt.

    einige zentrale Thesen der Untersuchung sind:
    • Menschen streben hauptsächlich nach Vermeidung von Unzufriedenheit (Problemver-arbeitung)
    • der Prozess der Reduktion temporärer Unzufriedenheit wird maßgeblich durch die Qualität der Arbeitsbeziehung moderiert
    • Unzufriedenheit kann abgebaut werden, solange keine Grundbedürfnisse der Akteure betroffen sind
    • sind Grundbedürfnisse bedroht (unterschritten), nimmt die Zufriedenheit sprunghaft ab
    • das Arbeitsengagement der Mitarbeiter wird vor allem durch „soziale Faktoren“ be-stimmt
    30.11.201201.12.2012
    10. Jahrestagung des Arbeitskreises Empirische Personal- und Organisationsforschung - AKempor 2012

    Veranstaltung

    10. Jahrestagung des Arbeitskreises Empirische Personal- und Organisationsforschung - AKempor 2012: Verfahren der Datenerhebung: Selbstverständlich, aber kritisch?

    30.11.1201.12.12

    Graz, Österreich

    Veranstaltung: Konferenz

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