Schriftliche Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am 5. September 2016: Verfassungs- und europarechtliche Fragestellungen im Kontext des Ratifikationsprozesses des Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens (CETA); insb. zu den Einwirkungsmöglichkeiten des Deutschen Bundestages

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title = "Schriftliche Stellungnahme zur {\"o}ffentlichen Anh{\"o}rung des Ausschusses f{\"u}r Wirtschaft und Energie am 5. September 2016: Verfassungs- und europarechtliche Fragestellungen im Kontext des Ratifikationsprozesses des Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens (CETA); insb. zu den Einwirkungsm{\"o}glichkeiten des Deutschen Bundestages",
abstract = "Auf nationaler/mitgliedstaatlicher Ebene ergibt sich ein Zustimmungserfordernis des Bundestages im CETA-Ratifikationsprozess aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG. Dabei d{\"u}rfen jedoch allein die Teile des gemischten Vertrages zum Gegenstand der parlamentarischen Entscheidungsfindung gemacht werden, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in die mitgliedstaatliche Kompetenz fallen.Auf europ{\"a}ischer Ebene spricht (auch bei gemischten Vertr{\"a}gen) einiges f{\"u}r eine ungeschriebene verfassungsrechtliche Bindung des deutschen Vertreters im Rat der Europ{\"a}ischen Union (im Folgenden EU-Ministerrat) an einen vorausgehenden Beschluss des Bundestages aus der durch das BVerfG entwickelten sog. Integrationsverantwortung. Abschlie{\ss}end verfassungsrechtlich gekl{\"a}rt ist dies allerdings nicht.Hinsichtlich der vorl{\"a}ufigen Anwendung ist zu unterscheiden. Soweit durch einen Beschluss im EU-Ministerrat das gesamte CETA zur vorl{\"a}ufigen Anwendung gebracht werden soll, scheint die Annahme berechtigt, darin einen mit der deutschen Verfassung nicht mehr zu vereinbarenden sog. Ultra-vires-Akt zu sehen. Geht man gleichwohl von der grunds{\"a}tzlichen Zul{\"a}ssigkeit eines solchen Beschlusses aus, so m{\"u}sste der Zustimmung des deutschen Vertreters im EU-Ministerrat zu einem solchen „Hoheitsrechte- bzw. Kompetenzverzicht“ jedenfalls eine Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates vorausgehen (in entsprechender Anwendung des Art. 23 Abs. 1 S. 2, 3 GG). Soweit durch einen Beschluss im EU-Ministerrat lediglich die in die Kompetenz der EU fallenden Bereiche des CETA zur vorl{\"a}ufigen Anwendung gebracht werden, kommt dem Bundestag keine Einwirkungsm{\"o}glichkeit auf den deutschen Vertreter im EU-Ministerrat zu. Der Bundestag hat aber die M{\"o}glichkeit, die Beendigung dervorl{\"a}ufigen Anwendung durch eine endg{\"u}ltige Ablehnung der Ratifikation des mitgliedstaatlichen Vertragsteils herbeizuf{\"u}hren.",
keywords = "Rechtswissenschaft",
author = "Holterhus, {Till Patrik}",
year = "2018",
month = aug,
day = "31",
language = "Deutsch",

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RIS

TY - GEN

T1 - Schriftliche Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am 5. September 2016

T2 - Verfassungs- und europarechtliche Fragestellungen im Kontext des Ratifikationsprozesses des Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens (CETA); insb. zu den Einwirkungsmöglichkeiten des Deutschen Bundestages

AU - Holterhus, Till Patrik

PY - 2018/8/31

Y1 - 2018/8/31

N2 - Auf nationaler/mitgliedstaatlicher Ebene ergibt sich ein Zustimmungserfordernis des Bundestages im CETA-Ratifikationsprozess aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG. Dabei dürfen jedoch allein die Teile des gemischten Vertrages zum Gegenstand der parlamentarischen Entscheidungsfindung gemacht werden, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in die mitgliedstaatliche Kompetenz fallen.Auf europäischer Ebene spricht (auch bei gemischten Verträgen) einiges für eine ungeschriebene verfassungsrechtliche Bindung des deutschen Vertreters im Rat der Europäischen Union (im Folgenden EU-Ministerrat) an einen vorausgehenden Beschluss des Bundestages aus der durch das BVerfG entwickelten sog. Integrationsverantwortung. Abschließend verfassungsrechtlich geklärt ist dies allerdings nicht.Hinsichtlich der vorläufigen Anwendung ist zu unterscheiden. Soweit durch einen Beschluss im EU-Ministerrat das gesamte CETA zur vorläufigen Anwendung gebracht werden soll, scheint die Annahme berechtigt, darin einen mit der deutschen Verfassung nicht mehr zu vereinbarenden sog. Ultra-vires-Akt zu sehen. Geht man gleichwohl von der grundsätzlichen Zulässigkeit eines solchen Beschlusses aus, so müsste der Zustimmung des deutschen Vertreters im EU-Ministerrat zu einem solchen „Hoheitsrechte- bzw. Kompetenzverzicht“ jedenfalls eine Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates vorausgehen (in entsprechender Anwendung des Art. 23 Abs. 1 S. 2, 3 GG). Soweit durch einen Beschluss im EU-Ministerrat lediglich die in die Kompetenz der EU fallenden Bereiche des CETA zur vorläufigen Anwendung gebracht werden, kommt dem Bundestag keine Einwirkungsmöglichkeit auf den deutschen Vertreter im EU-Ministerrat zu. Der Bundestag hat aber die Möglichkeit, die Beendigung dervorläufigen Anwendung durch eine endgültige Ablehnung der Ratifikation des mitgliedstaatlichen Vertragsteils herbeizuführen.

AB - Auf nationaler/mitgliedstaatlicher Ebene ergibt sich ein Zustimmungserfordernis des Bundestages im CETA-Ratifikationsprozess aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG. Dabei dürfen jedoch allein die Teile des gemischten Vertrages zum Gegenstand der parlamentarischen Entscheidungsfindung gemacht werden, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in die mitgliedstaatliche Kompetenz fallen.Auf europäischer Ebene spricht (auch bei gemischten Verträgen) einiges für eine ungeschriebene verfassungsrechtliche Bindung des deutschen Vertreters im Rat der Europäischen Union (im Folgenden EU-Ministerrat) an einen vorausgehenden Beschluss des Bundestages aus der durch das BVerfG entwickelten sog. Integrationsverantwortung. Abschließend verfassungsrechtlich geklärt ist dies allerdings nicht.Hinsichtlich der vorläufigen Anwendung ist zu unterscheiden. Soweit durch einen Beschluss im EU-Ministerrat das gesamte CETA zur vorläufigen Anwendung gebracht werden soll, scheint die Annahme berechtigt, darin einen mit der deutschen Verfassung nicht mehr zu vereinbarenden sog. Ultra-vires-Akt zu sehen. Geht man gleichwohl von der grundsätzlichen Zulässigkeit eines solchen Beschlusses aus, so müsste der Zustimmung des deutschen Vertreters im EU-Ministerrat zu einem solchen „Hoheitsrechte- bzw. Kompetenzverzicht“ jedenfalls eine Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates vorausgehen (in entsprechender Anwendung des Art. 23 Abs. 1 S. 2, 3 GG). Soweit durch einen Beschluss im EU-Ministerrat lediglich die in die Kompetenz der EU fallenden Bereiche des CETA zur vorläufigen Anwendung gebracht werden, kommt dem Bundestag keine Einwirkungsmöglichkeit auf den deutschen Vertreter im EU-Ministerrat zu. Der Bundestag hat aber die Möglichkeit, die Beendigung dervorläufigen Anwendung durch eine endgültige Ablehnung der Ratifikation des mitgliedstaatlichen Vertragsteils herbeizuführen.

KW - Rechtswissenschaft

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