Selbstwirksamkeitserwartungen und wahrgenommene Kompetenzunterstützung von Lehramtsstudierenden – Effekte einer videobasierten Feedbackintervention im Praktikum
Aktivität: Vorträge und Gastvorlesungen › Konferenzvorträge › Forschung
Kira Elena Weber - Sprecher*in
Christopher Neil Prilop - Ko-Autor*in
Marc Kleinknecht - Ko-Autor*in
Theoretischer Hintergrund
Studien zeigen, dass Lehrkräfte mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung resilienter gegenüber beruflichen Belastungen sind, eine größere Berufszufriedenheit und mehr Enthusiasmus im Unterricht zeigen (Vieluf et al., 2013; Zee & Koomen, 2016). Positive Selbstwirksamkeitserwartungen sollten daher bereits in der universitären Phase der Lehrerbildung gefördert werden. Im Praktikum erleben Studierende vielfältige direkte sowie indirekte Erfahrungen und erhalten Feedback. Diese Erfahrungen gelten als wichtige Quelle von Selbstwirksamkeitserwartungen (Bandura, 1997). Universitäres Coaching im Praktikum findet oftmals anhand direkter Unterrichtsbeobachtungen statt, indem die Dozierenden und die Mitstudierenden bei einer Unterrichtsstunde hospitieren und direkt im Anschluss Reflexions- und Feedbacksitzungen stattfinden. Dieser Ansatz erfordert eine zeit- und kostenintensive Koordination (Lee & Wu, 2006). Darüber hinaus ist das Feedback auf die Personen begrenzt, die bei der Unterrichtsstunde hospitiert haben. Online- und videobasierte Formate der Praktikumsbegleitung haben den Vorteil, zeit- und ortsunabhängig zu sein (ebd.) und können daher sinnvoll eingesetzt werden, um den eigenen Unterricht zu reflektieren und vielfaches Feedback zu erhalten. Gröschner et al. (2018) konnten in einer aktuellen Studie feststellen, dass eine systematische Videoreflexion zur Förderung der Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehrkräften beiträgt. Gold, Hellermann und Holodynski (2017) fanden heraus, dass die Analyse von fremden und eigenen Unterrichtsvideos die Selbstwirksamkeitserwartungen über Klassenführung bei Lehramtsstudierenden verbessern kann.
Fragestellung
Die vorliegende Studie untersucht in einem quasi-experimentellen Prä-Post-Kontrollgruppen-Design, welchen Effekt online- und videobasiertes Coaching im Praktikum auf die Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehramtsstudierenden hat und ob die Studierenden sich besser unterstützt fühlen. Folgende Forschungsfragen sollen untersucht werden: (a)Wie entwickelt sich die Selbstwirksamkeitserwartung von Lehramtsstudierenden, die videobasiertes Feedback erhalten (IG), im Vergleich zu einer Gruppe mit traditionellem Face-to-Face Feedback (KG)? (b)Bestehen Unterschiede in den Gruppen bezogen auf ihre wahrgenommene Kompetenzunterstützung?
Methode
Im vierten Bachelorsemester absolvieren die Studierenden ein vierwöchiges Unterrichtspraktikum und werden in Kleingruppen von Universitätsdozierenden betreut. Diese Dozierenden besuchen die Studierenden zu einem (IG) bzw. zu zwei Terminen (KG) an der Schule, um den Unterricht zu beobachten und Feedback zu geben. Die Studierenden der IG (n=26) nahmen sich zusätzlich zweimal in ihrem Unterricht auf und luden jeweils eine ca. zehnminütige Videosequenz auf der Lernplattform Moodle hoch. Anhand dieser reflektierten sie ihren Unterricht und erhielten anschließend Peer- und Expertenfeedback. Die KG (n=77) durchlief ein konventionelles Praktikum mit Face-to-Face- Peer- und Expertenfeedback. Bei beiden Gruppen lag der Feedbackfokus auf Klassenführung. Die allgemeine Lehrerselbstwirksamkeitserwartung wurde über die Skala der Lehrer-Selbstwirksamkeitserwartung von Schwarzer & Schmitz (1999) erhoben (αt1=.78; αt2=.85). Zudem wurde nach der Selbstwirksamkeitserwartung bezogen auf Klassenführung (SWKF) gefragt (Tschannen-Moran & Woolfolk-Hoy, 2001; αt1=.85; αt2=.88). Nach dem Praktikum wurde nach der empfundenen Kompetenzunterstützung durch die Universität bzw. durch die Praktikumsschule und der sozialen Einbindung in der Praktikumsschule gefragt (Kunter et al., 2016; α=.81-.92).
Ergebnisse
Die allgemeine Lehrerselbstwirksamkeitserwartung stieg bei beiden Gruppen signifikant (IG: d=1.00,p=<.01; KG: d=0.81,p=<.01) und es zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen (t(101)=-3.01,p=.76). Bei der SWKF zeigten sich ebenfalls bei beiden Gruppen signifikante Zuwächse (IG: d=1.43,p=<.01; KG: d=0.42,p=<.01), wobei der Zuwachs in der IG signifikant höher war (t(101)=-1.94, p<.05). Die Studierenden in der IG berichteten zudem über eine höhere Kompetenzunterstützung durch die Uni (t(101)=-2.80,p<.01,d=0.62). Es zeigten sich keine Unterschiede bei der Kompetenzunterstützung und der sozialen Einbindung durch die Schule. Insgesamt lässt sich schlussfolgern, dass videobasiertes Feedback im Praktikum einen Beitrag leisten kann, um die SWKF sowie die Kompetenzunterstützung zu fördern. Das videobasierte Feedback in der IG hat den Mehrwert, dass das Video als Vergleichsrahmen dient und das Feedback daher besser angenommen werden kann, da es mit der eigenen Reflexion übereinstimmt (Tripp & Rich, 2012). Des Weiteren bot die online- und videobasierte Lernumgebung mehr Möglichkeiten für stellvertretende Erfahrungen durch Videosequenzen von Peers, welche ebenfalls Einfluss auf die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen haben. Weitere Interpretationen und Implikationen der vorliegenden Studie sollen auf der Konferenz diskutiert werden.
27.02.2019
Veranstaltung
7. Tagung der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung - GEBF 2019: Lehren und Lernen in Bildungsinstitutionen
24.02.19 → 27.02.19
Köln, DeutschlandVeranstaltung: Konferenz
- Empirische Bildungsforschung