Förderung professioneller Wahrnehmung durch videobasiertes Feedback im ersten Unterrichtspraktikum

Aktivität: Vorträge und GastvorlesungenKonferenzvorträgeForschung

Kira Elena Weber - Sprecher*in

Christopher Neil Prilop - Ko-Autor*in

Marc Kleinknecht - Ko-Autor*in

Professionelle Wahrnehmung umfasst die Fähigkeit, relevante Ereignisse im Unterricht erkennen und interpretieren zu können, und kann als elementarer Bestandteil professioneller Kompetenz angesehen werden (Seidel, Blomberg & Stürmer, 2010). Insbesondere die professionelle Wahrnehmung von Klassenführung (PWKF) ist für Lehramtsstudierende von hoher Relevanz, da eine gute Klassenführung zum Erhalt einer produktiven Lernatmosphäre notwendig ist und beim ersten Unterrichten eine Herausforderung für angehende Lehrkräfte darstellt (Wolff, Jarodzka, & Boshuizen, 2017). Um die professionelle Wahrnehmung von Lehramtsstudierenden zu fördern, bietet sich unter anderem die Analyse fremder aber auch eigener Unterrichtssituationen an (Hellermann, Gold & Holodynski, 2015; Stürmer, Seidel & Schäfer, 2013). Inwieweit online- und videobasiertes Feedback zum Handeln und zur Selbstreflexion die professionelle Wahrnehmung fördern kann, ist bislang kaum erforscht worden. Die vorliegende Studie untersucht daher in einem quasi-experimentellen Prä-Post-Kontrollgruppen-Design, welchen Effekt eine videobasierte Feedbackbegleitung im Praktikum auf die PWKF von Lehramtsstudierenden hat und ob es einen Unterschied zwischen Lehramtsstudierenden, die nur videobasiertes Peerfeedback erhalten (IG1), und denjenigen, die zusätzlich videobasiertes Expertenfeedback bekommen (IG2), gibt (Weber, Gold, Prilop & Kleinknecht, 2018). Die TN der IGs nahmen sich während des Praktikums zweimal in ihrem eigenen Unterricht auf und luden jeweils eine ca. fünf- bis zehnminütige Videosequenz auf der Lernplattform Moodle hoch. Die TN der IG1 (n = 16) erhielten Peer-Feedback zu ihren zwei ausgewählten Videosequenzen und ihrer Selbstreflexion zu diesen Sequenzen, während die TN der IG2 (n = 25) Peer- und Expertenfeedback erhielten. Die KG (n = 69) durchlief ein konventionelles Praktikum mit Peer- und Expertenfeedback ohne Video. Bei allen Gruppen lag der Feedbackfokus auf Klassenführung. Die PWKF wurde mithilfe eines standardisierten, videobasierten Tests gemessen (Gold & Holodynski, 2017). Der Test bestand aus kurzen Videoclips von Unterrichtssituationen aus der Grundschule, die von den Studierenden in geschlossenen und offenen Items zu bearbeiten waren. Neben einer allgemeinen PWKF wurden die Facetten Allgegenwärtigkeit, Strukturierung und Regeln und Routinen erfasst (αt1 = .87, αt2 = .89). Die standardisierten Items bezogen sich auf diese Facetten und wurden auf einer vierstufigen Skala von (1) stimme zu bis (4) stimme nicht zu beantwortet. Die Ergebnisse wurden anschließend mit Hilfe eines Masterratings ausgewertet. Die offenen Items zielten darauf, dass die Studierenden in einem Freitext eine Videosequenz kommentieren sollten. Sie sollten erörtern, ob die Lehrerin andere (ggf. effektivere) klassenführungsspezifische Maßnahmen hätte ergreifen sollen (Frage 1) und welche klassenführungsspezifischen Maßnahmen die Lehrerin in diesem Ausschnitt ergreift und wie sich diese Maßnahmen auf das Schülerverhalten auswirken (Frage 2). Die Ergebnisse zeigen einen höheren Zuwachs der PWKF bei beiden IGs (IG1: d = 0.46, n.s.; IG2: d = 1.10, p = < .001) im Vergleich zur KG (d = 0.20, n.s.), ebenso wie bei der PW von Allgegenwärtigkeit (IG1: d = 0.83, p = < .01; IG2: d = 1.08, p = < .001; KG: d = 0.15, n.s.) auf. Bei der PW von Strukturierung hat nur die Gruppe mit zusätzlichem Expertenfeedback (IG2) einen signifikanten Zuwachs (IG1: d = 0.16, n.s.; IG2: d = 1.00, p = < .001; KG: d = 0.13, n.s.), sowie bei der PW von Regeln und Routinen (IG1: d = 0.34, n.s.; IG2: d = 0.55, p = < .05; KG: d = 0.19, n.s.). Ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen Zeit × Gruppe erklärt sich durch den Unterschied zwischen der KG- und der IG2 (F = 13.21, p<.001, ηp2 = .13). Zwischen den beiden IGs zeigte die IG2 nur bei der PW von Strukturierung einen signifikant höheren Zuwachs als die IG1 (F = 5.41, p < .05, ηp2 = .12). Erste Analysen der Antworten zu den offenen Items bestätigen dieses Muster. Es soll diskutiert werden, inwieweit sie die Ergebnisse aus dem geschlossenen Testformat bestätigen und ergänzen.
25.02.2019

Veranstaltung

7. Tagung der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung - GEBF 2019: Lehren und Lernen in Bildungsinstitutionen

24.02.1927.02.19

Köln, Deutschland

Veranstaltung: Konferenz

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