"DA wurd ich Auch ganz blöde angeguckt": Das moralische Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichem Anspruch und individueller Integrität in einer Selbsthilfegruppe zum Thema Übergewicht
Publikation: Beiträge in Zeitschriften › Zeitschriftenaufsätze › Forschung › begutachtet
Standard
in: Journal für Psychologie, Jahrgang 28, Nr. 2, 01.12.2020, S. 124-146.
Publikation: Beiträge in Zeitschriften › Zeitschriftenaufsätze › Forschung › begutachtet
Harvard
APA
Vancouver
Bibtex
}
RIS
TY - JOUR
T1 - "DA wurd ich Auch ganz blöde angeguckt"
T2 - Das moralische Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichem Anspruch und individueller Integrität in einer Selbsthilfegruppe zum Thema Übergewicht
AU - Hitzler, Sarah
N1 - Titel d. Ausgabe: Moralisieren im Alltag
PY - 2020/12/1
Y1 - 2020/12/1
N2 - Selbsthilfegruppen sind Orte, an welchen Personen mit Ausgrenzungserfahrungen einander gezielt suchen. Das erlebte individuelle Abweichen von gesellschaftlich gesetzten Normalitätserwartungen wird dabei oftmals in Begriffen von Moralität verhandelt. Moralisierende Narrative werden eingesetzt, um das Erleben des eigenen Abweichens zu beschreiben, um den Umgang anderer Personen mit diesem Abweichen zu erörtern, aber auch um über das Abweichen anderer Personen zu sprechen. An transkribierten Tonaufnahmen einer Gruppensitzung einer Selbsthilfegruppe für Personen mit starkem Übergewicht wird anhand konversationsanalytischer Methoden gezeigt, dass die hierfür herangezogenen Wertesysteme nicht homogen und stabil erscheinen. Gesellschaftliche Normen in Bezug auf Körperformen und lokale Normen von Gesichtswahrung und Empathie eröffnen ein Spannungsfeld von Erwartungshaltungen, das die Gesprächsbeteiligten in paradoxe Positionen versetzt. Vor diesem Spannungsfeld stellt sich die moralische Integration der Gruppe und Aufrechterhaltung der dortigen Solidarität als stetige und komplexe Arbeitsleistung dar. Eine Strategie hierfür ist spezifische Vagheit in Erzählungen, die affektive Affiliation befördert und inhaltliche Kritik vermeidet.
AB - Selbsthilfegruppen sind Orte, an welchen Personen mit Ausgrenzungserfahrungen einander gezielt suchen. Das erlebte individuelle Abweichen von gesellschaftlich gesetzten Normalitätserwartungen wird dabei oftmals in Begriffen von Moralität verhandelt. Moralisierende Narrative werden eingesetzt, um das Erleben des eigenen Abweichens zu beschreiben, um den Umgang anderer Personen mit diesem Abweichen zu erörtern, aber auch um über das Abweichen anderer Personen zu sprechen. An transkribierten Tonaufnahmen einer Gruppensitzung einer Selbsthilfegruppe für Personen mit starkem Übergewicht wird anhand konversationsanalytischer Methoden gezeigt, dass die hierfür herangezogenen Wertesysteme nicht homogen und stabil erscheinen. Gesellschaftliche Normen in Bezug auf Körperformen und lokale Normen von Gesichtswahrung und Empathie eröffnen ein Spannungsfeld von Erwartungshaltungen, das die Gesprächsbeteiligten in paradoxe Positionen versetzt. Vor diesem Spannungsfeld stellt sich die moralische Integration der Gruppe und Aufrechterhaltung der dortigen Solidarität als stetige und komplexe Arbeitsleistung dar. Eine Strategie hierfür ist spezifische Vagheit in Erzählungen, die affektive Affiliation befördert und inhaltliche Kritik vermeidet.
KW - Soziologie
KW - Moralisierung
KW - Konversationsanalyse
KW - Selbsthilfegruppen
KW - Normalitätserwartungen
KW - Übergewicht
UR - https://www.mendeley.com/catalogue/8ca5a877-91e1-3030-ae89-2a90efd7ca04/
U2 - 10.30820/0942-2285-2020-2-124
DO - 10.30820/0942-2285-2020-2-124
M3 - Zeitschriftenaufsätze
VL - 28
SP - 124
EP - 146
JO - Journal für Psychologie
JF - Journal für Psychologie
SN - 0942-2285
IS - 2
ER -