Kulturelle Orientierungen und Deutungen im Spanischunterricht der Sekundarstufe II
Projekt: Dissertationsprojekt
Projektbeteiligte
- Vernal Schmidt, Janina Miriam (Wissenschaftliche Projektleitung)
Beschreibung
Kulturelle Orientierungen und Deutungen im Spanischunterricht der Sekundarstufe II - Eine qualitative Fallstudie
Die rekonstruktive Studie geht davon aus, dass im Rahmen einer aufgabenorientierten Unterrichtseinheit zu Spielfilmsequenzen aus der deutsch-kolumbianischen Koproduktion Dr. Alemá von Tom Schreiber (2008) individuelle Deutungsmuster und kollektive kulturelle Orientierungen der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkraft zutage treten können.
Weiterhin setze ich mich in der Arbeit mit den Möglichkeiten auseinander, die beim Einsatz eines Spielfilms zur Anbahnung unterschiedlicher Teilkompetenzen der interkulturellen kommunikativen Kompetenzen wie Empathiebereitschaft, Fähigkeit zum Perspektivenwechsel oder der Erschließung soziokulturellen Orientierungswissens auseinander.
Zu diesem Zweck diskutiere ich die filmdidaktischen Ansätze in der Fremdsprachendidaktik und den Kulturbegriff, der hinter dem Konzept der interkulturell kommunikativen Kompetenzen steht. Nach eingehenden Überlegungen und einer Auseinandersetzung mit interkulturellen und transkulturellen Ansätzen schließe ich mich dem kohäsionsorientierten Kulturbegriff von Stefanie Rathje (2006) an.
Ich möchte in der Studie vorrangig die „kulturelle oder soziale Praktik des Sprechens über Kultur“ in den Blick nehmen. Die Reflexion über den Einsatz von Begriffen wie Kultur im Fremdsprachenunterricht ist m. E. von hoher Relevanz, denn der Gebrauch des Begriffs Kultur prägt auch das Verständnis von dem Begriff selbst. So versuche ich herauszufinden, was genau dahinter steckt, wenn die Lehrkraft von Kultur spricht, inwiefern sich dieses Verständnis im Unterrichtsgeschehen widerspiegelt und wie die Schülerinnen und Schüler den Begriff verwenden. Dabei bin ich mir durchaus bewusst, dass es mitunter zielführend sein kann, zu Beginn der Sekundarstufe I noch mit Simplifizierungen und Reduktionen in Bezug auf kulturelle Inhalte zu arbeiten. Dies kann oder sollte durchaus nicht den Gebrauch des traditionellen, an Nationen gebundenen essentialistischen Begriff von Kultur rechtfertigen, wie er in der Praxis jedoch anscheinend noch weit verbreitet zu sein scheint. Im weiteren Verlauf der Sekundarstufe I, aber spätestens in der Sekundarstufe II noch mit stark vereinfachenden Inhalten zu arbeiten, kann jedoch kontraproduktiv wirken: So kann z.B. zur Etablierung von kulturellen Kategorisierungen, zur Ethnisierung zwischenmenschlicher Konflikte und damit zur Stigmatisierung und Marginalisierung von Anderen oder Fremden beigetragen werden (vgl. Castro Varela 2010: 120f.). Da essentialistische Kulturauffassungen dem dichotomen und stereotypen Denken Vorschub leisten, ist die Fortführung eines essentialistisch-traditionellen Diskurses innerhalb der Schulen, vor allem in der Sekundarstufe II nicht zielführend. Diesbezüglich schreibt Castro Varela (ebd: 121, kursiv im Original):
Die „authentischen“ Anderen werden im pädagogischen Alltag immer wieder neu geschaffen und die Darstellung eines „Wir und die Anderen“ konstant (re-)stabilisiert. Die Konzepte der interkulturellen Kompetenz müssen auf diese Paradigmen hin befragt werden und es muss untersucht werden, wo es innerhalb interkultureller Theorie und Praxis zu Reifizierungen bestehender hegemonialer Verhältnisse kommt. Wenn zum Beispiel innerhalb von Trainings [oder im schulischen Fremdsprachenunterricht, J.V.S.] der Umgang mit dem „Fremden“, ohne dies zu hinterfragen – oder auch eine unkritische Idee von „Kultur“ bei den Teilnehmenden bestätigt wird, so werden die bestehenden Machtverhältnisse gefestigt.
Zum Zweck der Erhebung der individuellen und kollektiven Deutungen und Orientierungen in Bezug auf den Kulturbegriff habe ich im Rahmen der Studie eine komplexe Kompetenzaufgabe zu vier Sequenzen aus Dr. Alemán entwickelt. In dieser habe ich versucht, filmisches mit interkulturellem Lernen zu verbinden. Für die Umsetzung der Unterrichtseinheit wurde die teilnehmende Lehrkraft hinzugezogen, so dass ihr Relevanzsystem in den Inhalt und die methodische Skizzierung der Umsetzung jener Unterrichtseinheit mit einfließen konnte. Auf diese Weise sollte vermieden werden, dass die Lehrkraft nach einem von mir vorgegebenen detaillierten Skript unterrichtet, da die Vorgaben wahrscheinlich weder dem persönlichen Stil der teilnehmenden Lehrkraft noch ihrem Bild von Unterricht entspricht (vgl. Bonnet 2009b: 221). Die Kompetenzaufgabe hatte demzufolge eine Doppelfunktion inne:
1. Die Aufgaben strukturieren das Material vor, das bedeutet sie geben an, in welchem Rahmen und zu welchem Zweck die Schüler die Filmszenen bearbeiten sollen. Dabei ging es um die Initiierung von Lernprozessen durch die Aufgaben, denn Aufgaben können nur einen bedingten Einfluss auf fremdsprachliche Lernprozesse und Lernzuwächse haben: Sie steuern die Lernprozesse nicht, sondern können diese im besten Fall anregen und fördern.
2. Die Teilkompetenzaufgaben übernehmen die Funktion eines Forschungsinstruments, anhand dessen die Bedeutungsaushandlungen und somit die Generierung von verbalen und mimisch-gestischen Daten innerhalb der Schülergruppen und für die Besprechungen im Plenum mit der Lehrkraft gefördert wurde.
Der Großteil der Daten wurde über zwei Schulwochen im Frühsommer des Jahres 2012 an einem Gymnasium in Norddeutschland in einem Spanisch-Leistungskurs (11. Klasse) erhoben. Mithilfe von zwei Videokameras, von denen eine auf die Schüler (Klassenkamera) und die andere auf die Lehrkraft (Lehrerkamera) gerichtet waren, wurden insgesamt neun Unterrichtsstunden videographiert. In den Gruppen- und Partnerarbeiten sind Audiodaten entstanden. Die ausgefüllten Aufgabenblätter aus den Gruppenarbeiten wurden mir ausgehändigt. Eine Woche nach Abschluss der Datenerhebung habe ich mit der beteiligten Lehrkraft ein Leitfaden-Interview durchgeführt. Es handelt sich bei den Daten also um ganzheitlich-komplexe Daten (vgl. Bonnet 2009a: 27).
Anhand der Rekonstruktion und Versprachlichung von Ausschnitten des impliziten Wissens bzw. der kulturellen Deutungsmuster der Schüler(gruppen) einerseits sowie der handlungsleitenden Erfahrungsbestände der Lehrkraft in Bezug auf interkulturelles Lernen im Spanischunterricht andererseits, kann ein Ausblick darauf gegeben werden, welche Rolle Kulturkonzepte und ihre Vermittlung im Spanischunterricht spielen kann.
Die rekonstruktive Studie geht davon aus, dass im Rahmen einer aufgabenorientierten Unterrichtseinheit zu Spielfilmsequenzen aus der deutsch-kolumbianischen Koproduktion Dr. Alemá von Tom Schreiber (2008) individuelle Deutungsmuster und kollektive kulturelle Orientierungen der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkraft zutage treten können.
Weiterhin setze ich mich in der Arbeit mit den Möglichkeiten auseinander, die beim Einsatz eines Spielfilms zur Anbahnung unterschiedlicher Teilkompetenzen der interkulturellen kommunikativen Kompetenzen wie Empathiebereitschaft, Fähigkeit zum Perspektivenwechsel oder der Erschließung soziokulturellen Orientierungswissens auseinander.
Zu diesem Zweck diskutiere ich die filmdidaktischen Ansätze in der Fremdsprachendidaktik und den Kulturbegriff, der hinter dem Konzept der interkulturell kommunikativen Kompetenzen steht. Nach eingehenden Überlegungen und einer Auseinandersetzung mit interkulturellen und transkulturellen Ansätzen schließe ich mich dem kohäsionsorientierten Kulturbegriff von Stefanie Rathje (2006) an.
Ich möchte in der Studie vorrangig die „kulturelle oder soziale Praktik des Sprechens über Kultur“ in den Blick nehmen. Die Reflexion über den Einsatz von Begriffen wie Kultur im Fremdsprachenunterricht ist m. E. von hoher Relevanz, denn der Gebrauch des Begriffs Kultur prägt auch das Verständnis von dem Begriff selbst. So versuche ich herauszufinden, was genau dahinter steckt, wenn die Lehrkraft von Kultur spricht, inwiefern sich dieses Verständnis im Unterrichtsgeschehen widerspiegelt und wie die Schülerinnen und Schüler den Begriff verwenden. Dabei bin ich mir durchaus bewusst, dass es mitunter zielführend sein kann, zu Beginn der Sekundarstufe I noch mit Simplifizierungen und Reduktionen in Bezug auf kulturelle Inhalte zu arbeiten. Dies kann oder sollte durchaus nicht den Gebrauch des traditionellen, an Nationen gebundenen essentialistischen Begriff von Kultur rechtfertigen, wie er in der Praxis jedoch anscheinend noch weit verbreitet zu sein scheint. Im weiteren Verlauf der Sekundarstufe I, aber spätestens in der Sekundarstufe II noch mit stark vereinfachenden Inhalten zu arbeiten, kann jedoch kontraproduktiv wirken: So kann z.B. zur Etablierung von kulturellen Kategorisierungen, zur Ethnisierung zwischenmenschlicher Konflikte und damit zur Stigmatisierung und Marginalisierung von Anderen oder Fremden beigetragen werden (vgl. Castro Varela 2010: 120f.). Da essentialistische Kulturauffassungen dem dichotomen und stereotypen Denken Vorschub leisten, ist die Fortführung eines essentialistisch-traditionellen Diskurses innerhalb der Schulen, vor allem in der Sekundarstufe II nicht zielführend. Diesbezüglich schreibt Castro Varela (ebd: 121, kursiv im Original):
Die „authentischen“ Anderen werden im pädagogischen Alltag immer wieder neu geschaffen und die Darstellung eines „Wir und die Anderen“ konstant (re-)stabilisiert. Die Konzepte der interkulturellen Kompetenz müssen auf diese Paradigmen hin befragt werden und es muss untersucht werden, wo es innerhalb interkultureller Theorie und Praxis zu Reifizierungen bestehender hegemonialer Verhältnisse kommt. Wenn zum Beispiel innerhalb von Trainings [oder im schulischen Fremdsprachenunterricht, J.V.S.] der Umgang mit dem „Fremden“, ohne dies zu hinterfragen – oder auch eine unkritische Idee von „Kultur“ bei den Teilnehmenden bestätigt wird, so werden die bestehenden Machtverhältnisse gefestigt.
Zum Zweck der Erhebung der individuellen und kollektiven Deutungen und Orientierungen in Bezug auf den Kulturbegriff habe ich im Rahmen der Studie eine komplexe Kompetenzaufgabe zu vier Sequenzen aus Dr. Alemán entwickelt. In dieser habe ich versucht, filmisches mit interkulturellem Lernen zu verbinden. Für die Umsetzung der Unterrichtseinheit wurde die teilnehmende Lehrkraft hinzugezogen, so dass ihr Relevanzsystem in den Inhalt und die methodische Skizzierung der Umsetzung jener Unterrichtseinheit mit einfließen konnte. Auf diese Weise sollte vermieden werden, dass die Lehrkraft nach einem von mir vorgegebenen detaillierten Skript unterrichtet, da die Vorgaben wahrscheinlich weder dem persönlichen Stil der teilnehmenden Lehrkraft noch ihrem Bild von Unterricht entspricht (vgl. Bonnet 2009b: 221). Die Kompetenzaufgabe hatte demzufolge eine Doppelfunktion inne:
1. Die Aufgaben strukturieren das Material vor, das bedeutet sie geben an, in welchem Rahmen und zu welchem Zweck die Schüler die Filmszenen bearbeiten sollen. Dabei ging es um die Initiierung von Lernprozessen durch die Aufgaben, denn Aufgaben können nur einen bedingten Einfluss auf fremdsprachliche Lernprozesse und Lernzuwächse haben: Sie steuern die Lernprozesse nicht, sondern können diese im besten Fall anregen und fördern.
2. Die Teilkompetenzaufgaben übernehmen die Funktion eines Forschungsinstruments, anhand dessen die Bedeutungsaushandlungen und somit die Generierung von verbalen und mimisch-gestischen Daten innerhalb der Schülergruppen und für die Besprechungen im Plenum mit der Lehrkraft gefördert wurde.
Der Großteil der Daten wurde über zwei Schulwochen im Frühsommer des Jahres 2012 an einem Gymnasium in Norddeutschland in einem Spanisch-Leistungskurs (11. Klasse) erhoben. Mithilfe von zwei Videokameras, von denen eine auf die Schüler (Klassenkamera) und die andere auf die Lehrkraft (Lehrerkamera) gerichtet waren, wurden insgesamt neun Unterrichtsstunden videographiert. In den Gruppen- und Partnerarbeiten sind Audiodaten entstanden. Die ausgefüllten Aufgabenblätter aus den Gruppenarbeiten wurden mir ausgehändigt. Eine Woche nach Abschluss der Datenerhebung habe ich mit der beteiligten Lehrkraft ein Leitfaden-Interview durchgeführt. Es handelt sich bei den Daten also um ganzheitlich-komplexe Daten (vgl. Bonnet 2009a: 27).
Anhand der Rekonstruktion und Versprachlichung von Ausschnitten des impliziten Wissens bzw. der kulturellen Deutungsmuster der Schüler(gruppen) einerseits sowie der handlungsleitenden Erfahrungsbestände der Lehrkraft in Bezug auf interkulturelles Lernen im Spanischunterricht andererseits, kann ein Ausblick darauf gegeben werden, welche Rolle Kulturkonzepte und ihre Vermittlung im Spanischunterricht spielen kann.
Status | Laufend |
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Zeitraum | 01.10.11 → … |
Links | http://www.janinavernal.de/dissertationsprojekt |
Verknüpfte Publikationen
(Inter)kulturelles Lernen mit Film im Spanischunterricht der Sekundarstufe II
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Kulturwissenschaftliche Zugänge zu Filmanalysen. Ein Beitrag zum Spanischunterricht der Sekundarstufe II: Theorie - Empirie - Unterrichtsperspektiven
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Komplexe Lernaufgaben zur Förderung interkultureller kommunikativer Kompetenzen im Spanischunterricht der Sekundarstufe II: Ergebnisse einer empirischen Studie
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