Implizite Normvermittlung durch Herstellung von Angemessenheit im Unterrichtsdiskurs

Aktivität: Vorträge und GastvorlesungenPräsentationen (Poster ua.)Forschung

Ann-Christin Buttlar - Präsentator*in

„Leider wissen wir nach wie vor nur sehr wenig über die Unterrichtswirklichkeit, weil es an empirischen Untersuchungen mangelt.“ Was Becker-Mrotzek und Vogt (2009: 64) in ihrer Monographie zur Unterrichtskommunikation feststellten, gilt heute leider noch immer. Das dem Vortrag zugrundeliegende Promotionsvorhaben leistet einen rekonstruktiven Beitrag zum besseren Verständnis der mikrostrukturellen Abläufe in der Lehrer-Schüler-Interaktion in der Grundschule. Das Korpus der Studie umfasst 18 videographierte Unterrichtsstunden aus zwei ersten Grundschulklassen, die im Schuljahr 2000-2001 im Projekt DASS („Diskursstile als sprachliche Sozialisation“) unter Leitung von Prof. Uta Quasthoff erhoben wurden.
Im Fokus steht die Herstellung von Angemessenheit von Schülerbeiträgen durch die Lehrkraft. Die leitenden Fragen der linguistischen Sequenzanalyse sind, auf welche Weise Schülerbeiträge lehrerseitig akzeptiert oder sogar gewürdigt bzw. wie sie zurückgewiesen werden. Vorgestellt werden Verfahren der Akzeptanz und Zurückweisung, die durch unterschiedliche Grade von Explizitheit charakterisierbar sind. Diese Verfahren steuern den weiteren Unterrichtsverlauf und die Partizipationschancen der Schülerinnen und Schüler jeweils auf ihre Weise.
Die Frage nach größeren Mustern im Rückmeldeverfahren liefert einen analytischen Zugang zu den versteckten Normen im Unterrichtsgeschehen. In den verschiedenen Verfahren der Markierung von Passung bzw. Divergenz eines Schülerbeitrags relativ zu den Erwartungen der Lehrperson offenbaren sich ihre Normvorstellungen, die den Schülerinnen und Schülern im 1. Schuljahr typischerweise nicht zugänglich sind. Als Agentin der Institution Schule ist die Lehrperson normgebende Instanz, so dass ihre oft implizit vermittelten Normen (wie auch die explizit kommunizierten) wesentliche „unterrichtliche Bedingungsfaktoren“ (vgl. Ausschreibungstext) für die erfolgreiche Teilnahme am Unterricht darstellen. Welche Rolle dabei der Grad der Im- bzw. Explizitheit der Vermittlung in Bezug auf den (Miss-)Erfolg dieser Verfahren spielt, soll anhand einiger Fallbeispiele diskutiert werden.

Becker-Mrotzek, Michael; Vogt, Rüdiger (2009): Unterrichtskommunikation: Linguistische Analysemethoden und Forschungsergebnisse. 2. Aufl. Tübingen: Niemeyer (Germanistische Arbeitshefte, 38).


Vortrag in der Sektion „Gesprächskompetenz: normative Ansprüche“ unter Leitung von Prof. Dr. Martin Luginbühl und Dr. Stefan Hauser
08.09.2014

Veranstaltung

20. Symposion Deutschdidaktik - SDD 2014: Normen - Erwartungsmuster zwischen Orientierung und Begrenzung

07.09.1411.09.14

Basel, Schweiz

Veranstaltung: Konferenz