Naturalisierung und Verortung als Dispositive moderner Kindheit
Publikation: Beiträge in Sammelwerken › Aufsätze in Konferenzbänden › Forschung › begutachtet
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Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Hrsg. / Karl-Siegbert Rehberg. Band 1 1. Aufl. Frankfurt am Main: Campus Verlag, 2008. S. 2702-2708.
Publikation: Beiträge in Sammelwerken › Aufsätze in Konferenzbänden › Forschung › begutachtet
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RIS
TY - CHAP
T1 - Naturalisierung und Verortung als Dispositive moderner Kindheit
AU - Alberth, Lars
AU - Jörges, Heidi
PY - 2008
Y1 - 2008
N2 - Die Arrangements, die um das Kind herum installiert werden, rekurrieren stets auf eine diskursiv produzierte Natur des Kindes. Die Naturalisierung der Kindheit stand und steht dabei ganz im Zeichen von Normierung, Disziplinierung und Individualisierung (nicht nur der Kinder) mittels Separation und Besonderung in speziell dafür vorgesehenen Räumen, genauer: Krisenheterotopien. Die Natur entsteht, indem die ihr zugehörigen Dinge mittels der Kategorien Zahl, Form, Proportion und Situation gerastert werden; damit geht eine Neutralisierung der Dinge und Verortung innerhalb eines Tableaus einher. Es entsteht eine Verengung des Sichtfeldes: Ein Blick, der den Raum ordnet. Das empirische Augenmerk liegt auf dem Kinderzimmer als einem Ort, an dem sich Sedimente europäischer Machtgeschichte abtragen lassen - Sedimente, die mit besonderem Blick auf die Semantik der Naturalisierung in den pädagogischen Bildern der tabula rasa, der terra incognita und des Masturbators verankert sind. Ihnen allen ist gemein, dass sie die Natur des Kindes zugleich mit einer Unschuld und anormales Verhalten mit den schlechten Sozialisationsbedingungen verbinden. Ziel der an diese Diskurse anschließenden Praktiken ist also 'die natürliche Erziehung' des Kindes, organisiert in der direkten Eltern-Kind-Beziehung der Kleinfamilie und angeleitet von den Experten der Natur: Ärzten und Pädagogen. Solche Beschreibungsfeldzüge um die Bedürfnisse und Erfordernisse naturalisierter Kindheiten legen den Grundstein für eine pädagogische Bearbeitung im Rahmen einer generationalen Ordnung. Im Zentrum steht eine reorganisierte Familie, die als Sozialisationsagentur zwischen Diskurs und Praxis Disziplinierung durch (Selbst-)Kontrolle und Individualisierung durch Liebe vornimmt. Durch die physische Verräumlichung der Familie entwickelt sich eine Architektur, die das Kind unter der Fahne der pädagogischen Errungenschaft in den speziellen Bearbeitungsraum Kinderzimmer überstellt. An die Vorstellung eines reziproken Bedingungsverhältnisses von Naturalisierung, Bearbeitung und Verortung von Kindheit knüpfen die Verfasser ihr analytisches Anliegen für diesen Vortrag an: 1. die ideengeschichtliche Herausarbeitung einzelner Konstruktionsmomente der Natur des Kindes; 2. das Aufzeigen der Verknüpfung der Konstruktionsmomente mit den Bearbeitungsstrategien des Einzelnen; 3. die Bestimmung des erfundenen und lokalisierbaren Orts, an dem sich die Bearbeitungsstrategien vollziehen.
AB - Die Arrangements, die um das Kind herum installiert werden, rekurrieren stets auf eine diskursiv produzierte Natur des Kindes. Die Naturalisierung der Kindheit stand und steht dabei ganz im Zeichen von Normierung, Disziplinierung und Individualisierung (nicht nur der Kinder) mittels Separation und Besonderung in speziell dafür vorgesehenen Räumen, genauer: Krisenheterotopien. Die Natur entsteht, indem die ihr zugehörigen Dinge mittels der Kategorien Zahl, Form, Proportion und Situation gerastert werden; damit geht eine Neutralisierung der Dinge und Verortung innerhalb eines Tableaus einher. Es entsteht eine Verengung des Sichtfeldes: Ein Blick, der den Raum ordnet. Das empirische Augenmerk liegt auf dem Kinderzimmer als einem Ort, an dem sich Sedimente europäischer Machtgeschichte abtragen lassen - Sedimente, die mit besonderem Blick auf die Semantik der Naturalisierung in den pädagogischen Bildern der tabula rasa, der terra incognita und des Masturbators verankert sind. Ihnen allen ist gemein, dass sie die Natur des Kindes zugleich mit einer Unschuld und anormales Verhalten mit den schlechten Sozialisationsbedingungen verbinden. Ziel der an diese Diskurse anschließenden Praktiken ist also 'die natürliche Erziehung' des Kindes, organisiert in der direkten Eltern-Kind-Beziehung der Kleinfamilie und angeleitet von den Experten der Natur: Ärzten und Pädagogen. Solche Beschreibungsfeldzüge um die Bedürfnisse und Erfordernisse naturalisierter Kindheiten legen den Grundstein für eine pädagogische Bearbeitung im Rahmen einer generationalen Ordnung. Im Zentrum steht eine reorganisierte Familie, die als Sozialisationsagentur zwischen Diskurs und Praxis Disziplinierung durch (Selbst-)Kontrolle und Individualisierung durch Liebe vornimmt. Durch die physische Verräumlichung der Familie entwickelt sich eine Architektur, die das Kind unter der Fahne der pädagogischen Errungenschaft in den speziellen Bearbeitungsraum Kinderzimmer überstellt. An die Vorstellung eines reziproken Bedingungsverhältnisses von Naturalisierung, Bearbeitung und Verortung von Kindheit knüpfen die Verfasser ihr analytisches Anliegen für diesen Vortrag an: 1. die ideengeschichtliche Herausarbeitung einzelner Konstruktionsmomente der Natur des Kindes; 2. das Aufzeigen der Verknüpfung der Konstruktionsmomente mit den Bearbeitungsstrategien des Einzelnen; 3. die Bestimmung des erfundenen und lokalisierbaren Orts, an dem sich die Bearbeitungsstrategien vollziehen.
KW - Soziologie
M3 - Aufsätze in Konferenzbänden
SN - 978-3-593-38440-5
VL - 1
SP - 2702
EP - 2708
BT - Die Natur der Gesellschaft
A2 - Rehberg, Karl-Siegbert
PB - Campus Verlag
CY - Frankfurt am Main
ER -