Ihr habt verbreitet/ die Lehre der Klassiker. : Bertolt Brecht und Heiner Müller lesen Kleists Prinz Friedrich von Homburg
Publikation: Beiträge in Zeitschriften › Zeitschriftenaufsätze › Forschung
Standard
in: German Life and Letters, Jahrgang 64, Nr. 3, 07.2011, S. 455-471.
Publikation: Beiträge in Zeitschriften › Zeitschriftenaufsätze › Forschung
Harvard
APA
Vancouver
Bibtex
}
RIS
TY - JOUR
T1 - Ihr habt verbreitet/ die Lehre der Klassiker.
T2 - Bertolt Brecht und Heiner Müller lesen Kleists Prinz Friedrich von Homburg
AU - Gratzke, Michael
PY - 2011/7
Y1 - 2011/7
N2 - Ausgehend von Heiner Müllers Preisrede anläßlich der Verleihung des Kleist-Preises 1990 verfolgt dieser Aufsatz Traditionslinien von Heinrich von Kleist über Bertolt Brecht zu Müller. Trotz Brechts und Müllers Ablehnung des militaristischen Preußens und ihrer Skepsis gegenüber dem aufgeklärten Preußen bieten die Geschichte und die Literatur dieses Landes eine Projektionsfläche, auf der ideologische Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts ausgespielt werden können. Kleists Stück Prinz Friedrich von Homburg wird für beide Autoren zu einem produktiven Modell für die Zähmung des Außenseiters durch das Kollektiv. Im Folgenden wird eine Lesart dieses Modells vorgeschlagen, in der das Hauptaugenmerk nicht auf der mehr oder weniger erfolgreichen Erziehung des Prinzen Friedrich, sondern auf der Opposition von Hohenzollern und dem Prinzen liegt. In Brechts Fatzer-Material (1927–32) wird diese Opposition in den Funktionär K(euner) und den Anarchisten Fatzer überführt. Müller versteht diese beiden Figuren als ein untrennbares Paar Keuner±Fatzer (1982). Kleists preußischer Traum ist trotz seiner historischen und ideologischen Distanz nicht weit vom Traum von einem besseren Deutschland entfernt, den Brecht und Müller träumten. Der Grund hierfür liegt in Kleists Einsicht, dass eine gewaltlose gegenseitige Anerkennung der Subjekte nicht möglich ist und dass ihr Konflikt nach dem ‘Homburg-Modell’ dialektisch und performativ ausgetragen werden muss.
AB - Ausgehend von Heiner Müllers Preisrede anläßlich der Verleihung des Kleist-Preises 1990 verfolgt dieser Aufsatz Traditionslinien von Heinrich von Kleist über Bertolt Brecht zu Müller. Trotz Brechts und Müllers Ablehnung des militaristischen Preußens und ihrer Skepsis gegenüber dem aufgeklärten Preußen bieten die Geschichte und die Literatur dieses Landes eine Projektionsfläche, auf der ideologische Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts ausgespielt werden können. Kleists Stück Prinz Friedrich von Homburg wird für beide Autoren zu einem produktiven Modell für die Zähmung des Außenseiters durch das Kollektiv. Im Folgenden wird eine Lesart dieses Modells vorgeschlagen, in der das Hauptaugenmerk nicht auf der mehr oder weniger erfolgreichen Erziehung des Prinzen Friedrich, sondern auf der Opposition von Hohenzollern und dem Prinzen liegt. In Brechts Fatzer-Material (1927–32) wird diese Opposition in den Funktionär K(euner) und den Anarchisten Fatzer überführt. Müller versteht diese beiden Figuren als ein untrennbares Paar Keuner±Fatzer (1982). Kleists preußischer Traum ist trotz seiner historischen und ideologischen Distanz nicht weit vom Traum von einem besseren Deutschland entfernt, den Brecht und Müller träumten. Der Grund hierfür liegt in Kleists Einsicht, dass eine gewaltlose gegenseitige Anerkennung der Subjekte nicht möglich ist und dass ihr Konflikt nach dem ‘Homburg-Modell’ dialektisch und performativ ausgetragen werden muss.
KW - Kulturwissenschaften allg.
UR - http://www.scopus.com/inward/record.url?scp=79959695716&partnerID=8YFLogxK
U2 - 10.1111/j.1468-0483.2011.01545.x
DO - 10.1111/j.1468-0483.2011.01545.x
M3 - Zeitschriftenaufsätze
VL - 64
SP - 455
EP - 471
JO - German Life and Letters
JF - German Life and Letters
SN - 1468-0483
IS - 3
ER -