Professur für Medientheorie und Mediengeschichte

Organisation: Professur

Organisationsprofil

Der Bereich Medientheorie und Mediengeschichte am ICAM erforscht – mit einem speziellen Interesse für technische Zusammenhänge – die medialen Möglichkeiten und Bedingungen von Erkennen, Darstellen oder Forschen, oder allgemein: von kulturellen Praktiken.

Forschungsschwerpunkte

Diese Perspektive steht in der Tradition technisch informierter Diskursanalysen im Anschluss an Michel Foucault und Friedrich Kittler. Im Bewusstsein der Limitationen und teils berechtigten Kritik an z.B. technikdeterministischen Ausprägungen dieses Ansatzes forschen und lehren wir im Rahmen theoretischer Weiterentwicklungen einer solchen kulturwissenschaftlichen Medienforschung. Nicht nur setzen wir – im Austausch mit anderen Disziplinen – stärker auf Aspekte wie Akteure, konkrete Orte oder Netzwerke. Auch ist es uns wichtig, die historische Genealogie von medienwissenschaftlichen Begriffen und Methoden selbst zu reflektieren. Ergebnis dieser Fortschreibungen ist eine Ausrichtung, die man am besten mit dem Begriff einer medienhistorischen Epistemologie bezeichnen mag.

Dabei geht es nicht darum, eine eigene Art von ›Medienphilosophie‹ stark zu machen. Vielmehr nehmen wir historische Studien von (Medien-)Technologien vor, die auch unter medientheoretischen Gesichtspunkten interessant sind – weil sie epistemologische Konsequenzen mit sich bringen. Medientheorie und Mediengeschichte verstehen wir daher nicht als zwei voneinander verschiedene Bereiche, die unabhängig erforscht oder getrennt in universitärer Lehre behandelt werden sollten. Wir versprechen uns die sehr viel gewinnbringenderen Ideen und Fragestellungen in Forschung und Lehre davon, Medientheorie und Mediengeschichte als ein dynamisches Austauschverhältnis zu begreifen. Medienhistorische Epistemologie ist damit für uns keine Fachrichtung im klassischen Sinne. Sie ist mit Ludwik Fleck gesprochen eine – aus ganz pragmatischen Gründen gewählte – Form von »Denkkollektiv« oder »Denkstil«. Ein solcher Denkstil ermöglicht eine Beobachtung zweiter Ordnung, die darauf abzielt, die Missverständnisse, Störungen, Brüche, Zäsuren, oder kurz: die »epistemologischen Hindernisse« (Bachelard) nachzuvollziehen, die Mediengeschichte ausmachen. Die Stärke einer so verstandenen medienhistorischen Epistemologie liegt in ihrer Anschlussfähigkeit an weitere aktuelle kulturwissenschaftliche Ansätze, z.B. die Kulturtechnikforschung, die Labor- und Wissenschaftsforschung oder die Wissenschaftsgeschichte.

Dafür muss eine medienhistorische Epistemologie nicht nur über jene Fachrichtungen wohlinformiert sein, deren mediale Verfahren sie thematisiert, sondern auch über die aktuellen methodischen Standards benachbarter Ansätze wie WissenschaftsforschungMusikwissenschaftScienceTechnology and Society (STS)Bildwissenschaft oder Technik- und Kulturgeschichte. Diese werden zum Zweck einer spezifisch medialen Epistemologie aufgegriffen, geprüft und im Hinblick auf ihren Gegenstand reformuliert. Eine solche Kombination von Medientheorie und Mediengeschichte gibt damit keine Problemlösungsversprechen auf bessere Medientechniken oder gelungenere Wissenschaftsvermittlung ab, sondern stellt sich als ein Problematisierungsverfahren von Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur zur Verfügung.

  1. 2016
  2. Erschienen

    Social Media - New Masses

    Baxmann, I. (Herausgeber*in), Beyes, T. (Herausgeber*in) & Pias, C. (Herausgeber*in), 2016, Zürich: Diaphanes Verlag. 348 S.

    Publikation: Bücher und AnthologienSammelwerke und AnthologienForschung

  3. Erschienen

    Technikvergessenheit? Ernst Kapps und Georg Simmels nichtinstrumentelle Techniktheorien

    Schnödl, G., 2016, in: Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie. 3, 1, S. 131-150 20 S.

    Publikation: Beiträge in ZeitschriftenZeitschriftenaufsätzeForschungbegutachtet

  4. Erschienen

    Trick 17: Mediengeschichten zwischen Zauberkunst und Wissenschaft

    Vehlken, S. (Herausgeber*in), Müller-Helle, K. (Herausgeber*in), Müggenburg, J. K. (Herausgeber*in) & Sprenger, F. (Herausgeber*in), 2016, Norderstedt: meson press. 118 S.

    Publikation: Bücher und AnthologienSammelwerke und AnthologienForschung

  5. Erschienen

    Trickkisten: Heinz von Foerster und der Zauber der Kybernetik

    Müggenburg, J. K., 2016, Trick 17 : Mediengeschichten zwischen Zauberkunst und Wissenschaft. Vehlken, S., Müller-Helle, K., Müggenburg, J. & Sprenger, F. (Hrsg.). Norderstedt: meson press, S. 59-84 26 S.

    Publikation: Beiträge in SammelwerkenAufsätze in SammelwerkenForschungbegutachtet

  6. Erschienen

    Von der Herrschaft der Technik zum Parlament der Dinge: Ein Deutungsversuch

    Voller, C. & Schnödl, G., 2016, in: Internationales Jahrbuch für Medienphilosophie. 2, 1, S. 159-182 25 S.

    Publikation: Beiträge in ZeitschriftenZeitschriftenaufsätzeForschungbegutachtet

  7. 2015
  8. Erschienen

    Die Zeit die aus der Kälte kam

    Pias, C., 05.12.2015, Exploring Cybernetics : Kybernetik im interdisziplinären Diskurs. Jeschke, S., Schmitt, R. & Dröge, A. (Hrsg.). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 227-236 10 S.

    Publikation: Beiträge in SammelwerkenAufsätze in SammelwerkenForschungbegutachtet

  9. Erschienen

    Szintetikus történelem

    Pias, C., 16.11.2015, in: Tiszataj. 4, S. 83-92 10 S.

    Publikation: Beiträge in ZeitschriftenZeitschriftenaufsätzeForschungbegutachtet

  10. Erschienen

    Friedrich Kittler und der »Mißbrauch von Heeresgerät«: Zur Situation eines Denkbildes 1964 – 1984 – 2014

    Pias, C., 04.2015, in: Merkur. 69, 791, S. 31-34 14 S.

    Publikation: Beiträge in ZeitschriftenZeitschriftenaufsätzeForschungbegutachtet

  11. Erschienen

    Against Water: A Reply to Christopher M. Kelty

    Müggenburg, J., 27.03.2015, in: spheres - Journal for Digital Cultures. 1, S. 1-5 5 S., 8.

    Publikation: Beiträge in ZeitschriftenZeitschriftenaufsätzeForschungbegutachtet

  12. Erschienen

    Clean by Nature. Lebhafte Oberflächen und das holistisch-systemische Erbe der zeitgenössischen Bionik

    Müggenburg, J., 11.03.2015, Das Wissen der Oberfläche: Epistemologie des Horizontalen und Strategien der Benachbarung. Rieger, S. & Lechtermann, C. (Hrsg.). Zürich: Diaphanes Verlag, S. 233-252 20 S. (sequenzia).

    Publikation: Beiträge in SammelwerkenAufsätze in SammelwerkenForschungbegutachtet