9. Arbeitstagung der Kommission Tourismusforschung der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde - 2010
Aktivität: Wissenschaftliche und künstlerische Veranstaltungen › Konferenzen › Forschung
Karlheinz Wöhler - Sprecher*in
"Wir kommen wieder" – Zur Performanz des Hotelaufenthalts
Dass Hotelpersonal und Hotelgäste spätestens beim Einchecken in eine permanente Interaktionsarbeit eintreten, ist strukturell vorgegeben: Wenigstens informativ muss der Gast aktiv werden, damit das Hotelpersonal tätig wird. An der Erstellung jeglicher Hoteldienstleitungen sind gleichzeitig Dienstleistungsgeber und Dienstleistungsnehmer beteiligt. Der Gast integriert sich in vorab bereitgestellte Leistungen wie z.B. das Hotelzimmer und indem er es nutzt bzw. konsumiert, entsteht die Dienstleistung „Übernachtung“ – der Hotelgast ist ein Prosumer (producer & consumer). Er oder sie nimmt bereitgestellte Leistungen in Anspruch (Konsum) und gleichzeitig produziert er oder sie ein Endprodukt mit (auch Uno-actu-Prinzip genannt). Ein Hotelaufenthalt zeichnet sich durch vielfältige unterschiedliche Dienstleistungen aus, bei denen das soziale Handeln beider Seiten – und damit das Interaktionsgeschehen – während der Erbringung der Dienstleistung konstitutiv ist.
Dieser Blick in das Hotelgeschehen hinein ist eine Vorlage, die Erbringung einer Dienstleistung als einen performativen Prozess zu fassen: Im Vollzug der Interaktionen etwa beim Abendessen entstehen Aufführungen, in denen Personal und Hotelgäste zum Ausdruck bringen, wie sie gesehen werden wollen und wie ihr Verhältnis zueinander ist. Das Performative drückt sich in diesem zeitlich und räumlich gerahmten Ereignis durch Körperlichkeit, Referentialität, Darstellung, Emergenz und Ritualisierung aus.
Demzufolge lässt sich ein Hotelaufenthalt als ein „Theater für Touristen (Gäste)“ verstehen. Was zur Aufführung gebracht wird bzw. werden soll, lässt sich z.B. auf Homepages oder Broschüren von Hotels festmachen. Visuell und in Texten wird die „Hotel-Philosophie“ oder „-Kultur“ dargestellt und insofern authentifiziert, als zum einen materielle Objekte (Hotel-Landschaften; Essens-, Schlaf- und Entspannungsräume u.a.) und das dienende Personal präsentiert wird. Und zum anderen Gäste, die sich in diese Objektivationen integriert haben, d.h. beispielsweise Gastlichkeit („Philosophie“: „Wir sind stets für Sie da“) erleben.
Mit dieser Rahmung ist das Hotelprodukt beschrieben. Doch Produkt und Prozess sind nicht trennbar und „perform is all process“ (Kirshenblatt-Gimblett, Destination Culture, L.A. 1998, S. 64). Die visuellen und verbalen Texte, Atmosphären, Landschaften der Dienstleistungserbringung etc. stellen ebenso die Konstituenten der performances dar wie die personalisierten Szenen Gast-Hotelpersonal. Die Buchung des Hotels oder die schriftliche Aufenthaltsbestätigung an der Rezeption garantiert indes noch nicht einen zufriedenen Hotelaufenthalt. Erst durch die wechselseitige Belebung dieser (organisationalen) Rahmung in Handlungen wird eine solche (emotionale) Bindung erzeugt, beglaubigt und immer wieder erneuert. Die empirische Frage ist, ob es dabei zu einer temporäre Vergesellschaftung oder Vergemeinschaftung kommt. Während bei einer Vergesellschaftung eindeutige Distinktionen – Gast ist Prinzipal und das Personal ist devot-dienender Agent; „Ich zahle und daher steht mir dieses und jenes zu“ – und formale Autoritätsebenen zum Ausdruck bzw. zur Aufführung kommen, so gründet eine Vergemeinschaftung auf die „ganze“ Person: Ein Sich-Finden und Zurecht-Finden im wechselseitigen und praktischen Verstehen, wonach eine situative Gemeinsamkeit und Wirklichkeit entsteht, die nicht auf strukturell-organisatorische Vorgaben zurückgeht, sondern die sich über Attribute wie Kleidung und z.B. dem Frühstück und Abendessen in Verbindung mit Gesten und ritualisierten Praxen immer wieder aufs Neue performativ herstellt.
Die empirische Tragfähigkeit dieser Konzeptionalisierung wird zum einen anhand von Homepages zweier Hotels und zum anderen auf der Basis von Gästebewertungen dieser beiden Hotels (bloggs) geprüft.
Dass Hotelpersonal und Hotelgäste spätestens beim Einchecken in eine permanente Interaktionsarbeit eintreten, ist strukturell vorgegeben: Wenigstens informativ muss der Gast aktiv werden, damit das Hotelpersonal tätig wird. An der Erstellung jeglicher Hoteldienstleitungen sind gleichzeitig Dienstleistungsgeber und Dienstleistungsnehmer beteiligt. Der Gast integriert sich in vorab bereitgestellte Leistungen wie z.B. das Hotelzimmer und indem er es nutzt bzw. konsumiert, entsteht die Dienstleistung „Übernachtung“ – der Hotelgast ist ein Prosumer (producer & consumer). Er oder sie nimmt bereitgestellte Leistungen in Anspruch (Konsum) und gleichzeitig produziert er oder sie ein Endprodukt mit (auch Uno-actu-Prinzip genannt). Ein Hotelaufenthalt zeichnet sich durch vielfältige unterschiedliche Dienstleistungen aus, bei denen das soziale Handeln beider Seiten – und damit das Interaktionsgeschehen – während der Erbringung der Dienstleistung konstitutiv ist.
Dieser Blick in das Hotelgeschehen hinein ist eine Vorlage, die Erbringung einer Dienstleistung als einen performativen Prozess zu fassen: Im Vollzug der Interaktionen etwa beim Abendessen entstehen Aufführungen, in denen Personal und Hotelgäste zum Ausdruck bringen, wie sie gesehen werden wollen und wie ihr Verhältnis zueinander ist. Das Performative drückt sich in diesem zeitlich und räumlich gerahmten Ereignis durch Körperlichkeit, Referentialität, Darstellung, Emergenz und Ritualisierung aus.
Demzufolge lässt sich ein Hotelaufenthalt als ein „Theater für Touristen (Gäste)“ verstehen. Was zur Aufführung gebracht wird bzw. werden soll, lässt sich z.B. auf Homepages oder Broschüren von Hotels festmachen. Visuell und in Texten wird die „Hotel-Philosophie“ oder „-Kultur“ dargestellt und insofern authentifiziert, als zum einen materielle Objekte (Hotel-Landschaften; Essens-, Schlaf- und Entspannungsräume u.a.) und das dienende Personal präsentiert wird. Und zum anderen Gäste, die sich in diese Objektivationen integriert haben, d.h. beispielsweise Gastlichkeit („Philosophie“: „Wir sind stets für Sie da“) erleben.
Mit dieser Rahmung ist das Hotelprodukt beschrieben. Doch Produkt und Prozess sind nicht trennbar und „perform is all process“ (Kirshenblatt-Gimblett, Destination Culture, L.A. 1998, S. 64). Die visuellen und verbalen Texte, Atmosphären, Landschaften der Dienstleistungserbringung etc. stellen ebenso die Konstituenten der performances dar wie die personalisierten Szenen Gast-Hotelpersonal. Die Buchung des Hotels oder die schriftliche Aufenthaltsbestätigung an der Rezeption garantiert indes noch nicht einen zufriedenen Hotelaufenthalt. Erst durch die wechselseitige Belebung dieser (organisationalen) Rahmung in Handlungen wird eine solche (emotionale) Bindung erzeugt, beglaubigt und immer wieder erneuert. Die empirische Frage ist, ob es dabei zu einer temporäre Vergesellschaftung oder Vergemeinschaftung kommt. Während bei einer Vergesellschaftung eindeutige Distinktionen – Gast ist Prinzipal und das Personal ist devot-dienender Agent; „Ich zahle und daher steht mir dieses und jenes zu“ – und formale Autoritätsebenen zum Ausdruck bzw. zur Aufführung kommen, so gründet eine Vergemeinschaftung auf die „ganze“ Person: Ein Sich-Finden und Zurecht-Finden im wechselseitigen und praktischen Verstehen, wonach eine situative Gemeinsamkeit und Wirklichkeit entsteht, die nicht auf strukturell-organisatorische Vorgaben zurückgeht, sondern die sich über Attribute wie Kleidung und z.B. dem Frühstück und Abendessen in Verbindung mit Gesten und ritualisierten Praxen immer wieder aufs Neue performativ herstellt.
Die empirische Tragfähigkeit dieser Konzeptionalisierung wird zum einen anhand von Homepages zweier Hotels und zum anderen auf der Basis von Gästebewertungen dieser beiden Hotels (bloggs) geprüft.
05.03.2010
9. Arbeitstagung der Kommission Tourismusforschung der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde - 2010
Veranstaltung
9. Arbeitstagung der Kommission Tourismusforschung der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde - 2010: Quartier machen – Sterne deuten. Kulturwissenschaftliche Tourismusforschung über das Hotel
04.03.10 → 06.03.10
Wien, ÖsterreichVeranstaltung: Konferenz
- Tourismuswissenschaften - Hotellerie, Performativität