Professur für Medienkultur und Medienphilosophie
Organisation: Professur
Organisationsprofil
Die Lüneburger Medienkulturforschung legt ihr Augenmerk nicht so sehr auf spezifische, durch Digitalität geprägte Medienkulturen, die heute die traditionellen Einzelmedien abgelöst haben. Nach dem "Ende der Medien" (Zielinski) beschäftigt sie sich in erster Linie mit übergreifenden medienkulturellen Tatsachen, wie sie vor allem die diversen Existenzweisen und Lebensformen unter der technologischen Bedingung des 20. und 21. Jahrhunderts prägen: Algorithmisierung, Datengetriebenheit, Kontroll- und Steuerungsfaszination, Konnektivität, Kooperation, Affektivität, Simulation, Environmentalität, Partizipation, Postmedialität sind einige der für die Beschreibung unserer Situation zentralen Stichworte.
Forschungsschwerpunkte
Zum Verständnis dieser medienkulturellen Tatsachen ist es nötig, historisch und systematisch zu arbeiten. Dabei ist die Geschichte der Kybernetisierung seit um 1900 und bis in unsere neokybernetische Gegenwart, die sich entlang der genannten Phänomenbereiche und Problemfelder entfaltet, genau so untersuchen, wie es auch eine entsprechende Theoriebildung voranzutreiben gilt, die diese medien-, wissens- und kulturgeschichtliche Forschungsarbeit unterstützt und zuspitzt. Uns interessieren, um ein paar Beispiele zu nennen, der konkrete Wandel von Infrastrukturen, die Genese einer "augmented relationality" (Thrift) infolge der Durchsetzung relationale Technologien oder der Aufstieg einer behavioral economy in Zeiten environmentaler Medien der dritten Kybernetik, aber auch Fragen des damit einhergehenden Engineering von Affektivität und der Subjektivierungsweisen oder schließlich, ob es so etwas wie einen neuen, nunmehr technologischen Humanismus geben kann, der sich auf der Höhe der heutiger Entfremdungszustände befindet. Es sind aber auch weitreichendere medientechnologisch induzierte begriffs- und theoriepolitische Transformationen zu evaluieren: Mit welcher Begriffskarte müssen wir überhaupt arbeiten, um unsere eigene medientechnische Kondition angemessen erfassen zu können? Welche anderen Wissensfelder liefern uns Konzeptualisierungen, die wir für unsere Arbeit gebrauchen, uns aneignen und übersetzen können? Und welche Fragen treiben die Medienwissenschaft immer wieder über ihren (heute so auffälligen, mitunter überbordenden) Gegenwartsbezug hinaus, was ist das stets Insistierende von Medien, dem wir uns als Medienwissenschafter zu stellen haben? Zur Bearbeitung derartiger Problemfelder und Fragen gehen idealiter eine praxeologisch orientierte Medienkulturforschung und eine konzise Theoriearbeit zusammen. Im historisch-systematischen Zentrum des Lehrstuhls steht die Entwicklung einer allgemeinen Ökologie der Medien und Techniken als einer Denk- und Beschreibungsweise, die der "Technosphäre" (Peter Haff) und der entsprechenden technoökologischen Sinnkultur, in der wir leben, gerecht wird.
Die Begriffe und Methoden, deren wir uns bedienen, haben viele disziplinäre Hintergründe und Herkünfte. Wenn wir ein paar große Namen nennen sollen, die durch ihren begriffspolitischen Wagemut und ihren konzeptionellen Reichtum nicht aufhören, unsere Arbeit zu inspirieren, so wären dabei an erster Stelle Gilbert Simondon, Donna Haraway, Félix Guattari, Gilles Deleuze, Friedrich Kittler, Jacques Derrida, Tim Ingold, Michel Foucault, Hans Blumenberg und Karl Marx zu nennen.
- 2023
- Erschienen
Informationsströme in digitalen Kulturen: Theoriebildung, Geschichte und logistischer Kapitalismus
Denecke, M., 02.01.2023, Bielefeld: transcript Verlag. 291 S. (Digitale Gesellschaft; Band 57)Publikation: Bücher und Anthologien › Monografien › Forschung
- Erschienen
Das Protokoll ermöglicht eine Bruderschaft: Zu Offenheit, dem Sozialen und der Dekolonisierung von Protokollen
Leistert, O., Kyong Chun, W. H. & Shnayien, M., 2023, in: Zeitschrift für Medienwissenschaft. 15, 1, S. 86-94 9 S.Publikation: Beiträge in Zeitschriften › Zeitschriftenaufsätze › Forschung
- Erschienen
Einleitung in den Schwerpunkt "Protokolle"
Leistert, O. & Shnayien, M., 2023, in: Zeitschrift für Medienwissenschaft. 15, 1, S. 10-17 8 S.Publikation: Beiträge in Zeitschriften › Zeitschriftenaufsätze › Forschung
- Erschienen
Mediale Teilhabe in Technologien relationaler Verschaltung
Hörl, E. & Ochsner, B., 2023, Mediale Teilhabe: Partizipation zwischen Anspruch und Inanspruchnahme. Ochsner, B. (Hrsg.). Lüneburg: meson press, S. 21-44 24 S.Publikation: Beiträge in Sammelwerken › Aufsätze in Sammelwerken › Forschung
- Erschienen
Ob man etwas tun kann oder nicht, ist eine rein mechanische oder materielle Frage: Zu den Politiken und Effekten von Internetprotokollen und den Möglichkeiten ihrer Historisierung
Galloway, A., Shnayien, M. & Leistert, O., 2023, in: Zeitschrift für Medienwissenschaft. 15, 1, S. 71-85 15 S.Publikation: Beiträge in Zeitschriften › Zeitschriftenaufsätze › Forschung
- 2022
- Erschienen
Hamburg Maschine_revisited: Artistic and Critical Investigations into Our Digital Condition
Kohlhuber , I. (Herausgeber*in) & Leistert, O. (Herausgeber*in), 04.2022, Hamburg: adocs. 436 S.Publikation: Bücher und Anthologien › Sammelwerke und Anthologien › Forschung
- Erschienen
Protocol
Beuster, G., Leistert, O. & Röhle, T., 31.03.2022, in: Internet Policy Review. 11, 1, S. 1-10 10 S.Publikation: Beiträge in Zeitschriften › Kommentare / Debatten / Berichte › Forschung
- Erschienen
In der Dämmerung: Studien zur Vor- und Frühgeschichte der Kritischen Theorie
Voller, C., 2022, Berlin: Matthes & Seitz Berlin. 414 S.Publikation: Bücher und Anthologien › Buch
- 2021
- Erschienen
Soziale Medien als Technologien der Überwachung und Kontrolle
Leistert, O., 24.12.2021, Handbuch Soziale Medien. Schmidt, J.-H. & Taddicken, M. (Hrsg.). Wiesbaden: Springer VS, S. 1 - 19 19 S. (Springer Reference Sozialwissenschaften).Publikation: Beiträge in Sammelwerken › Aufsätze in Sammelwerken › Forschung › begutachtet
- Erschienen
Segment Introduction
Nigro, R. & Hörl, E., 01.10.2021, Taking Sides: Theories, Practices, and Cultures of Participation in Dissent. Bippus, E., Ganzert, A. & Otto, I. (Hrsg.). 1 Aufl. Bielefeld: transcript Verlag, Band 28. S. 251-257 7 S. (Culture & theory; Band 211).Publikation: Beiträge in Sammelwerken › Andere (Vor- und Nachworte ...) › Forschung