Nichts scheint eloquenter als das Buch der Natur. Doch erschließt es sich in den Kulturen seit Jahrhunderten in unendlich vielfältigen Lesarten. Feuer, Erde, Luft und Wasser sind Topoi für das Beginnen einer Naturgeschichte der Welt und des sich erzählend und gestaltend zu ihr in ein Verhältnis setzenden Menschen.
Daher findet sich die Frage nach der Sprachbildlichkeit und der Bildsprache des Lebendigen in seiner konkret elementaren, materialisierten Form seit der Frühen Neuzeit in allen vorstellbaren Variationen wieder. Jedoch können die Aggregatzustände des Elementaren nicht als identitäre Einheiten oder als Substan-
zen erfasst und begriffen werden, sondern nur als energetisch bestimmte Verbindungen – als Aggregationen. In ihren kulturell bedingten Wahrnehmungsformen erscheinen sie als dynamischvariable Konstellationen, deren Beschreibungsmuster von Chaos wie Ordnung, also von einer nie sich erschöpfenden, unüberschaubaren Regelhaftigkeit, bestimmt sind. Diese Dynamik und modellierende Energie, die in der unendlichen Spanne zwischen extremer Verdichtung und maximaler Zerstreuung liegen, zeichnen auch die Sprache selbst aus.
Die Tagung eröffnet künstlerische, literarische und wissenschaftlich-transdisziplinäre Perspektiven, um die Unermesslichkeit des Festen, Flüssigen, Plasmatischen und Flüchtigen auszuloten und die Ergebnisse in einer Metapherologie sprachbildlicher Aggregationen, einem relationalen Handlungsspielraum der Sprache,
aufzufächern (Thesaurus-Projekt). Dieser Raum ermöglicht Erkenntnisse kulturhistorischer wie gegenwärtiger Wahrnehmungs- und Interaktionsweisen zwischen Mensch und Natur und schließt daher ethische wie gesellschaftspolitische Fragestellungen ein.