Risikoorientierte Prämiendifferenzierung in der Kfz-Haftpflichtversicherung: mehr Prämiengerechtigkeit und weniger Verkehrsunfälle?

Publikation: Beiträge in ZeitschriftenZeitschriftenaufsätzeForschungbegutachtet

Authors

  • Christian Growitsch
  • Klaus-Dieter Schade
  • Reinmund Schwarze
  • Hans-Peter Schwintowski
  • Thomas Wein
Neuere empirische Studien und ausländische Erfahrungen zeigen, dass durch eine Risikodifferenzierung in der Kfz-Haftpflichtversicherung Anreize zur Verbesserung der Verkehrssicherheit genutzt werden können. Ansatzpunkte hierfür bestehen vor allem darin, das verkehrsgefährdende Verhalten und nicht erst den Unfall mit Prämienzuschlägen zu sanktionieren, unmittelbar den verantwortlichen Fahrer mit dem Bonus zu belohnen bzw. mit dem Malus zu bestrafen und nicht nur den Unfall, sondern auch die Unfallschwere im Malus zu berücksichtigen. In diesem Beitrag werden die Möglichkeiten geprüft, die Ausgestaltung der Prämiendifferenzierung in der Kfz-Haftpflichtversicherung verstärkt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit einzusetzen. Dazu wird auf der Grundlage einer theoretischen und empirischen Bestandsaufnahme der Prämiendifferenzierung in der Kfz-Haftpflichtversicherung untersucht, ob und wie Prämienzuschläge an die Auffälligkeit im Verkehrszentralregister geknüpft werden können. Empirische Analysen zeigen, dass mit Hilfe der Eintragungen im VZR eine gute Vorhersage über ein zukünftig erhöhtes individuelles Verkehrsrisiko getroffen werden kann. Studien des Kraftfahrt-Bundesamtes zeigen dabei enorme Unterschiede der individuellen Risikodisposition, die den Faktor 10 oder gar 20 deutlich übersteigen. Mit der Kombination von nur drei Risikomerkmalen (Geschlecht, Alter und Anzahl der VZR-Eintragungen) kann eine umfassende Risikodifferenzierung in der Kfz-Haftpflichtversicherung erreicht werden. Eine gute Risikodifferenzierung wäre in der Kfz-Haftpflicht also ohne „Tarifdschungel” auf Basis einfach überprüfbarer Tarifmerkmale prospektiv möglich. Der Gesetzgeber kann ein punktebasiertes Modell der Prämiendifferenzierung aus europarechtlichen Gründen nicht vorschreiben. Die Versicherer können aber ein solches Modell auf freiwilliger Basis ohne weiteres einführen. Als auf Freiwilligkeit basierendes System der Prämiendifferenzierung verletzt es weder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch das Datenschutzrecht. Das punktebasierte Modell der Risikodifferenzierung erweist sich damit als wirksam und praktikabel. Ob es sich tatsächlich am deutschen Markt durchsetzt, hängt von der Bereitschaft der Versicherungsunternehmen ab, ein solches Modell zu erproben.
OriginalspracheDeutsch
ZeitschriftZeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft
Jahrgang95
Ausgabenummer2
Seiten (von - bis)225-249
Anzahl der Seiten25
ISSN0044-2585
DOIs
PublikationsstatusErschienen - 01.06.2006

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