In-Beziehung-Setzen: Virtuelles Kollektiv: Die Verfilmung von Ferdinand von Schierachs Terror

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Wenn Ferdinand von Schirach in einem Interview anlässlich der Verfilmung seines Theaterstücks »Terror« von einem »Problem des Journalismus« spricht, davon, dass »Texte kaum je zu einem Gespräch führen«, und davon, dass in den »Zeitungen zwar immer von Debatten gesprochen werde«, es aber »tatsächlich nur drei, vier Journalisten seien, die etwas zu einem Thema schreiben«, dann verweist er auf ein zentrales Problem im Journalismus: das fehlende Gespräch. Gespräch meint in diesem Fall, das In-Beziehung-Setzen von Meinungen, Interessen, Forderungen, Perspektiven. Werden Positionen direkt in Beziehung gesetzt, wird eine politische Auseinandersetzung möglich, können doch in Reflexion des Anderen Spannungsverhältnisse entstehen, in denen neue Sinnzusammenhänge und Denkweisen generiert werden. Regiert weder allein das Eigene noch das Andere, wird Sinn nicht einfach wiedergegebenen, er entsteht vielmehr im Antworten selbst. Das bedeutet gleichzeitig, den anderen anerkennen, den anderen hören, auf ihn reagieren, nicht bloß Sichtweisen setzen, bestätigen und etablieren, auch und gerade im Pluralismus.

Das, was im 18. Jahrhundert der Salon und die Zeitschrift für die Selbstverständigung waren, im 20. Jahrhundert das Feuilleton und die Talkshow, ist im 21. Jahrhundert Facebook. Wird in relativ homogenen Gruppen rege diskutiert, verstärken sich an anderen Stellen die Weltanschauungen, spitzen sich zu, bis keine andere mehr sichtbar ist. In Schirachs Verfilmung von »Terror«, die im Oktober 2016 in der ARD ausgestrahlt wurde, vermischen sich die verschiedenen Medien zu einem intermedialen Ereignis. Zwischen Internet, Film und Talkshow werden Publika mit unterschiedlichen Weltanschauungen miteinander verbunden, es entsteht ein virtuelles Kollektiv, das die Menschen für den Moment des Schauens, Urteilens und Abstimmens zusammenkommen lässt, um gemeinsam über Gesellschaft nachzudenken. Wie Schirach sagt: Demokratie braucht die Diskussion, es ist ihr Wesen. Das ließe sich erweitern, Demokratie braucht die Diskussion zwischen unterschiedlichen Ideologien, Perspektiven und Identitäten. Und letztlich braucht sie die Orte, an denen das passieren kann.
Original languageGerman
JournalPolar: Halbjahresmagazin zu Politik, Theorie und Alltag
Issue number22
Pages (from-to)179
Number of pages1
ISSN1862-5657
Publication statusPublished - 06.04.2017
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