Shareholder Value durch Umweltschutz?

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Zeitungsartikel in der Neue Zürcher Zeitung, Band 158, Nr. 11. Juli, 11.07.1997, S. 28

Quellenangaben

TitelShareholder Value durch Umweltschutz?
Medienbezeichnung/OutletNeue Zürcher Zeitung, Band 158, Nr. 11. Juli, 11.07.1997, S. 28
MedienformatDruck
Land/GebietSchweiz
Datum der Veröffentlichung11.07.97
BeschreibungWirkungsvoller Umweltschutz mit gleichzeitiger Steigerung des Shareholder value ist möglich und sinnvoll. Gerade wenn es um die Bewertung der zukünftigen ökonomischen Chancen einer
Unternehmung unter sich wandelnden. ökologischen Rahmenbedingungen geht, ist der Shareholder-value-Ansatz als konzeptionelle Grundlage gut geeignet - wenn er richtig
angewendet wird. ·
Die ökonomische Bewertung von Unternehmen is~ eine der Hauptaufgaben von Banken in jeder Volkswirtschaft. Fehleinschätzungen können volkswirtschaftliche Folgen haben, da Banken Kapitalströme massgeblich beeinflussen. Eine Gefahr geht hierbei weniger von isolierten Fehlbewertungen als vielmehr. von falsch eingeschätzten Trends aus, die viele
Unternehmen simultan betreffen. Der Einfluss von Umweltfragen auf den zukünftigen Erfolg
vo.n Unternehmen hat das Potential, zu einem solchen Trend zu werden, da der Zusammenhang zwischen Umweltschutzmassnahmen und dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens oft zu einfach gesehen wird. Vielen. neueren Konzepten zur Bewertung eines Unternehmens ist nämlich gemeinsam, dass eine eindeutige positive Beziehung zwischen·Betriebsökologie und Unternehmenswert unterstellt wird. Dem Umweltschutz wird also eine klare ökonomische Motivation zugrunde gelegt, die meist durch eine explizite Referenz zum Shareholder- value-Konzept noch unterstrichen wird.
Ökologie lohnt sich Der Bezug zum Shareholder value ist im Prinzip erfreulich, da sich das zukunftsgerichtete Shareholder-value-Konzept als besonders leistungsfähig und praxisnah zur
Unternehmensbewertung erwiesen hat. So greift es nicht auf manipulationsanfällige,
vergangene Gewinnzahlen aus dem Rechnungswesen :zurück, sondern auf den für Investoren weniger beeinflussbaren zukünftigen Free Cash flow. Dadurch ist es zur Berücksichtigung zukünftiger ökologischer Probleme besonders· geeignet. Bedauerlich ist allerdings, dass viele
verbreitete Konzepte nur wenig mit der Steig.erung des Shareholder value zu tun haben.· So
weisen sie einerseits eine zu starke - noch aus der Kreditwürdigkeitsprüfung stammende -
Risikoorientierung auf. Im Zusammenhang mit dem Shareholder value sind Risiken aber
bestenfalls ein Teilaspekt.
Anderseits wird unkritisch von der Umweltfreundlichkeit einer Unternehmung auf den damit
möglicherweise verbundenen ökonomischen Erfolg geschlossen. Von Interesse ist aber nicht,
wieviel, sondern welcher Umweltschutz wertsteigernd wirkt. ·
Werttreiber
Nimmt man das Shareholder-value-Konzept bei der Beurteilung von ·Umweltschutzmassnahmen
ernst, so kommt man zu einigen interessanten Erkenntnissen. In diesem Fall
muss der Einfluss von betrieblichen Umweltschutzmassnahmen auf die sogenannten
Werttreiber des Shareholder value analysiert werden. Werttreiber sind unternehmerische
Einflussgrössen, durch deren Veränderung der Unternehmenswert zu- oder abnimmt.
Bedeutende Werttreiber sind vor allem die Investitionen ins Anlage- und Umlaufvermögen, die
Gewinnma.rge, der Umsatz und die Kapitalkosten. Zu berücksichtigen ist jeweils auch die
Dauer einer Wertsteigerung. ·
Als kritisch sind all jene Massnahmen zu beurteilen, die den Umweltschutz um den Preis eines
aufgeblähten Anlagevermögens fördern. Diese Gefahr besteht bei sogenannten «End-of- pipe-
Technologien». Abluftfirter, Kläranlagen, Nassoxidationsanlagen sind einige typische Beispiele
für solche Technologien, die der Produktion nachgeschaltet sind. Der Shareholder value steigt
bei einer Investition in solche Anlagen nur, wenn auch entsprechende zusätzliche Erträge
erwirtschaftet werden, die eine angemessene Rendite auf dem zusätzlichen Anlagevermögen
ermöglichen. Zusätzliche End-of-pipe-Massnahmen erhöhen allerdings in der Regel die Kosten
·(Gebühren für Filterstaub- und Klärschlammentsorgung, zusätzliche Betriebs- und.
Personalkosten, Reparaturen usw.). Dies führt zu einer Reduktion der betrieblichen
Gewinnmarge .und damit letztUch auch zu einer Verschlechterung der Wettl:iewerbsfähigkeit
der Unternehmung.
Ganz anders sind Mas~nahmen zu beurteilen, die eine Entlastung der Umwelt durch
. Effizienzsteigerungen erreichen. Dazu gehören Fertigungsverfahren, die weniger Rohstoffe
benötigen, Softwaresysteme zur . intelligenteren Steuerung von Produktionsabläufen sowie
viele Energie- und Wassersparmassnahmen. Neben der unmittelbaren· Kostensenkung (etwa
für Einkauf, Lager und Personal)· und der daraus resultierenden verbesserten Gewinnmarge
kommt es nämlich mittelfristig meist auch noch zu einem Rückgang der Investitionen ins
Anlageve~mögen. Wird. zum Beispiel der Materialbedarf durch technische
. Effizienzsteigerungen gesenkt, so vermindern sich auch die-Abschreibungen, Reparaturen und
Ersatzinvestitionen.
Ein sinkender Materialverbrauch führt meist auch zu geringeren Emissionen, wodurch der
Einsatz von Reinigungsanlagen wie Abluftfiltern überflüssig werden k~nn. Wo_ ein Verzicht
dennoch nich.t möglich ist, kann das Umweltschutzziel meist mi~ kleineren Kapazitäten
erreicht werden (z. B. kleinere Klärbecken und Verbrennungsöfen). Höhere Erträge bei
tieferem Kapitaleinsatz führen auf diese Weise zu einer verbesserten Rendite und somit zu
einem höheren Shareholder value. Es ist somit klar, dass Bewertungskonzepte, welche _
Umweltschutzausgaben grundsätzlich positiv einschätzen, aus der Shareholder-valuePerspektive
eine Fehlbewertung provozieren.
Nicht nur Kosten senken
Das Shareholder-value-Konzept zeigt im Gegensatz zur landläufigen Meinung aber auch, dass
eine Steigerung des Unternehmenswerts nicht nur aus Kostensenkungen resultieren kann. Die
Erzielung höherer Gewinnmargen und die Verlangsamung des konkurrenzbedingten
Margenverfalls durch «grüne» Produkte sind Beispiele -für die Schaffung von Shareholder -
value ohne Kostensenkungen. Mit umweltverträglichen Produkten lassen sich nämlich oft
nicht nur höhere Preise erzielen, sondern die höheren Margen können auch länger am Markt
gehalten werden.
PersonenFrank Figge, Stefan Schaltegger

Beschreibung

Zeitungsartikel in der Neue Zürcher Zeitung, Band 158, Nr. 11. Juli, 11.07.1997, S. 28

Zeitraum11.07.1997
Beziehungsdiagramm