Der freie Wille in der psychologischen Forschung: Ist das Bereitschaftspotenzial ein Indikator für neuronale Handlungsvorbereitung?
Aktivität: Vorträge und Gastvorlesungen › Konferenzvorträge › Forschung
Wiebke Melcher - Sprecher*in
Hans-Rüdiger Pfister - Sprecher*in
Vor 35 Jahren publizierten Libet, Gleason, Wright und Pearl (1983) ihre bekannte, aber methodisch nicht unumstrittene Studie und berichteten, dass der Onset des Bereitschaftspotenzials als Indikator für neuronale Handlungsvorbereitung der bewussten Willensäußerung einer Handlung 350 ms vorausgeht und somit die Handlung unbewusst initiiert wird. Dieses Ergebnis wurde oft als Indiz gegen die Existenz des freien Willens interpretiert und stieß eine bis heute andauernde Debatte an. Nachfolgend stützten einige Untersuchungen die von Libet et al. (1983) publizierte Reihenfolge (Haggard & Eimer, 1999; Keller & Heckhausen, 1990), jedoch wurde gegen die eingesetzte Methode eine Vielzahl von Einwänden erhoben. Kritisiert werden u.a. der artifizielle Charakter der beobachteten Handlung, die Verlässlichkeit der Zeitschätzung und in jüngerer Zeit auch die Interpretation des Bereitschaftspotenzials als Indikator neuronaler Handlungsvorbereitung (Jo, Hinterberger, Wittmann, Borghardt, & Schmidt, 2013; Miller, Shepherdson, & Trevena, 2011; Schmidt, Jo, Wittmann, & Hinterberger, 2016; Verleger, Haake, Baur, & Śmigasiewicz, 2016). Zusammenfassend werden die Ergebnisse von zwei Studien (n=24 und n=18) berichtet, in denen die Bereitschaftspotenziale bei der Bearbeitung einer modifizierten Libet-Aufgabe mit drei Bedingungen gemessen wurden. Die Versuchspersonen beobachteten einen Uhrzeiger (2,4 sec/Umlauf) und betätigen während des Uhrumlaufs zu einem frei gewählten Zeitpunkt eine Taste (Bedingung 1), zusätzlich berichten sie nachfolgend den Zeitpunkt ihrer Handlungsintention anhand des umlaufenden Zeigers (Bedingung 2) oder betätigten eine Taste zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt (Bedingung 3). Die Ergebnisse von Libet et al. (1983) wurden im Wesentlichen repliziert. Auffällig ist jedoch, dass bei etwa 25 % der Versuchspersonen keine klare Negativität im Sinne des Bereitschaftspotenzials messbar ist. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der aktuellen Kritik am Bereitschaftspotenzial diskutiert und Implikationen für weitere Forschung abgeleitet.
15.09.2018 → 20.09.2018
Veranstaltung
51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie - DGPS 2018
15.09.18 → 20.09.18
Frankfurt am Main, Hessen, DeutschlandVeranstaltung: Konferenz
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