Sektion für Technik- und Wissenschaftssoziologie der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie - 2011

Activity: Participating in or organising an academic or articstic eventConferencesResearch

Tanja Müller - presenter

    Elektrizität im Alltag - Zur Vulnerabilität privater Haushalte bei Stromausfall

    Elektrizität im Alltag – Zur sozialen Bedeutung von Stromausfällen,
    Notstromversorgung und der Sicherung des Versorgungsnetzes

    Der Weg von den Anfängen der Elektrifizierung gesellschaftlichen Lebens in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis hin zur tiefgreifenden sozialen Abhängigkeit von elektri¬scher Energie im 21. Jahrhundert ist historisch vergleichsweise kurz gewesen. Welchen al-ternativlosen Stellenwert die elektrische Energie heute einnimmt, lässt sich meist dann deut-lich erkennen, wenn es zu Unterbrechungen oder gar längerfristigen Ausfällen der Stromver-sorgung kommt. Die Ursachen können sehr verschieden sein. Sie reichen von be¬schädigten Erdkabeln über witterungsbedingte Störungen bis hin zu solch natur¬gewaltigen Katastrophen wie dem Erdbeben mit anschließendem Tsunami in Japan im März 2011. Wie wichtig in sol-chen Fällen eine funktionierende Notstromversorgung ist, wurde am letztgenannten Ereignis auf besonders dramatische Weise weltöffentlich, als die elektrisch gesteuerte Kühlung der atomaren Brennstäbe ausfiel.

    Darüber hinaus sind vor allem die Alltagsroutinen durch Stromausfälle empfindlich gestört: Die Beleuchtung funktio¬niert ebenso wenig wie ein Wasserkocher, ein elektrischer Herd, ein Computer; auch Geldautomaten, Tankstellen oder elektrische Kassen fallen aus. So situati-onsab¬hängig und spezifisch die Ursachen für Ausfallsereignisse jeweils sind, so sehr scheinen sich zumindest die vor¬stellbaren Konsequenzen zu gleichen. Dennoch – vielleicht aber gerade deswegen – war es bislang schwierig, auf gesicherte Erkenntnisse über soziale Auswir¬kungen von Stromaus¬fällen und deren Einfluss auf Technikeinstellungen zurückzugreifen.

    Zwar herrscht in Deutschland eine vergleichsweise hohe Versorgungssicherheit, doch auch hierzulande treten mittel- bis längerfristige Störungen der Elektrizitätsversorgung auf, so bei-spielsweise der mehrtägige Stromausfall im Münsterland im Winter 2005. Im Rahmen des BMBF-geförderten Verbund¬projektes „Intelligente Notstromversorgungssysteme unter Ein-beziehung regenerativer Ener¬gien (Smart Emergency Supply System – SES²)“, in dem Sozi-alwissenschaftler zusammen mit Ingenieuren zu Fragen smarter Notstromversorgung arbei-ten, wurde im Jahr 2010 durch die soziologische Forschungsgruppe „Technik im Alltag“ (Leuphana Universität Lüne¬burg) eine standardisierte, schriftliche Befragung zur privaten Seite der Stromversorgung durchgeführt.

    Angesichts des geringen sozialwissenschaftlichen Erkenntnisstandes zum Thema Strom- und Notstromversorgung wurde im Rahmen des Forschungsprojektes ein eigenes Erhe-bungsinstrument entwickelt. Neben der retrospektiven Erfassung von Ausfallsereignissen wurden auch Einstellungen zu Technik und Strom bzw. das Bewusstsein über die eigene Abhängigkeit von der Stromversorgung sowie Risikoeinschätzungen erhoben.

    Ziel des Beitrages ist es, das Design des Forschungsprojektes vorzustellen und erste Ergeb¬-nisse aus der Befragung vorzustellen: So wird auf Basis der Stichprobe (n = 1011) zunächst nachgezeichnet, welche durch Stromausfälle hervorgerufenen Einschränkungen das private Leben besonders beeinträchtigen und welche Reaktionen daraus folgen. Weiterhin ist es aufgrund der Forschungsanlage mit zwei Vergleichsregionen (eine Region mit einem mehr-tägigen Stromausfall und eine Region ohne einen mehrtägigen Stromausfall) unter anderem möglich, die Prioritäten der Befragten hinsichtlich Vorsorgemaßnahmen oder Risikowahr-nehmung systematisch zu vergleichen. Die Ergebnisse verweisen auf eine problematische Diskrepanz zwischen der starken Abhängigkeit des sozialen Lebens vom elektrischen Strom und dem geringen Bewusstsein für das damit in Kauf genommene Risiko des Zusammen-bruchs der sozialen Infrastruktur.


    gemeinsam mit Prof. Dr. Günter Burkart
    29.09.201101.10.2011
    Sektion für Technik- und Wissenschaftssoziologie der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie - 2011

    Event

    Sektion für Technik- und Wissenschaftssoziologie der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie - 2011

    29.09.1101.10.11

    Innsbruck, Austria

    Event: Conference

    Recently viewed

    Activities

    1. Jahrestagung der Sektion Interkulturelle und International Vergleichende Erziehungswissenschaft der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft - DGfE 2015
    2. Jahrestagung der Sektion Kultursoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kooperation mit dem Netzwerk Empirische Kultursoziologie und dem Institut für Kulturwissenschaften - DGS 2015
    3. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft - 2013
    4. Mannsbilder - Weibsbilder – Medienbilder: Arbeitswelten in der Medienkommunikation aus Geschlechterperspektive
    5. »Medialität <-> Historizität. Zur Rolle von Mediengeschichtsforschung in der Medienwissenschaft«, WISSENSCHAFTS-, MEDIZIN- UND TECHNIKREFLEXION AUF DEM PRÜFSTAND (1. Jahrestagung der Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik)
    6. "Jugenden" Jahrestagung der Kommission Pädagogische Anthropologie der Sektion Allgemeine Erziehungswissenschaft der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft
    7. Jahrestagung der DGPuK-Fachgruppen Medien, Öffentlichkeit und Geschlecht und Soziologie der Medienkommunikation 2012
    8. Sektion für Technik- und Wissenschaftssoziologie der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie - 2011
    9. Fotojournalismus und Medien im 21. Jahrhundert (mit Irene Neverla)
    10. Che für alle: Was Pressefotos zu Bildikonen macht
    11. Jahrestagung der Kommission Pädagogische Anthropologie der Sektion Allgemeine Erziehungswissenschaft der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 2012
    12. B2B-Verhandlungen in Zeiten gestörter Lieferketten: Aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze aus Perspektive der Verhandlungsforschung
    13. Geschlecht und sexuelle Orientierung im Blick politischer Bildung

    Publications

    1. Soziale Arbeit in der Diakonie zwischen Idee und Pragmatik: eine exemplarische Studie zu Fragen der Identität der Diakonie und dem Selbst- und Diakonieverständnis von SozialarbeiterInnen in der Diakonie
    2. Bildung und allgemeinpädagogische Theoriebildung
    3. Corporate Sustainability Management in Large German Companies
    4. Environmental chemistry of organosiloxanes
    5. Kaufvertragsstörungen aus Sicht des BGB und des iranischen Rechts
    6. Not Ready to Make Nice. Macht und Bedrohung in der populären Musik
    7. Food Industry Innovations an the Role of Demand
    8. Rezension: Anja Hartung / Wolfgang Reißmann / Bernd Schorb (2009): Musik und Gefühl. Eine Untersuchung zur gefühlsbezogenen Aneignung von Musik im Kindes- und Jugendalter unter besonderer Berücksichtigung des Hörfunks. Berlin: Vistas
    9. Zeit für Kinderbetreuung Deutscher Haushalte – staatlicher Handlungsbedarf?
    10. Rezension von "200 Jahre Nationalphilologien. Von der Romantik zur Globalisierung"
    11. Welches Spielzeug besitzen Kinder hier und in anderen Ländern? Ein transkultureller Vergleich als Grundlage, um über das eigene Konsumverhalten nachzudenken
    12. Schwache Regierungschefs? Politische Erfahrung und Amtsdauer von Premierministern in Mittel- und Osteuropa
    13. Kosteneigenschaften als Grundlage für den einheitlichen Nachweis der Anspruchshöhe bei Nachträgen
    14. § 62 Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
    15. Zum Verhältnis von Empirie und kultursoziologischer Theoriebildung
    16. Konsumentenbildung am Themenfeld "Spielen - Spielzeug"? Zur Begründung nachhaltiger Konsummuster als ein Ziel für Konsumentenbildung in der Grundschule
    17. Umweltgrundrechte, Umweltstaatszielbestimmungen sowie Umweltgrundpflichten im Gefüge der Europäischen Verfassungen