Ich-Gebrauch in studentischen Texten

Activity: Talk or presentationGuest lecturesResearch

Dagmar Knorr - Speaker

Ob „Ich“ benutzt werden darf oder nicht, ist eine Frage, die von Studierenden in Schreibberatungen immer wieder gestellt wird, zumal auch Lehrende den Umgang mit dem „Ich“ sehr unterschiedlich handhaben. Der Ich-Gebrauch ist nämlich ein Baustein bei der Konstruktion einer „klaren Autorenrolle“, die eine große Herausforderung für Studierende beim Erwerb wissenschaftlicher Schreibkompetenz darstellt (Kruse, 2012, p. 14). Steinhoff (2007) plädiert für einen differenzierten Umgang mit dem „Ich“ und stellt drei Typen des Ich-Gebrauchs vor: Forscher-Ich, Verfasser-Ich, Erzähler-Ich. Ausgehend von diesen Typen stelle ich eine korpuslinguistische Studie vor. Studentische Texte aus dem Korpus KoLaS wurden hinsichtlich der drei Ich-Typen untersucht. Die Codierungen wurden von den studentischen Schreibberater*innen des Schreibzentrums / Writing Center der Leuphana Universität Lüneburg vorgenommen, die zuvor eine Weiterbildung zum Ich-Gebrauch absolviert haben (für das Weiterbildungskonzept vgl. Andresen & Knorr, 2017). Die Auswertung erfolgt als nach den Prinzipien der qualitativen Inhaltsanalyse, wobei die Typisierung von Steinhoff (2007) als Ausgangspunkt für die Codierung genommen wird. Allerdings weisen (Andresen & Knorr, 2017) auch darauf hin, dass es im Korpus der Lernendentexte Belegstellen gibt, die nicht eindeutig zugeordnet werden konnten. Steinhoff (2007, p. 20) diskutiert diese unter dem Stichwort „Grenzfälle“. Eine systematische Überprüfung ist nicht erfolgt. Für die hier vorzustellende Studie wurden die Steinhoffschen Ich-Typen um jeweils eine *-Form erweitert. Die Hypothese ist, dass in einem *-Ich-Typ die Illokution des gewünschten Ich-Typs bereits vorhanden ist, die sprachliche Realisierung jedoch noch nicht angemessen ist. Von besonderem Interesse sind hierbei die *-Formen des Forsch- und Verfasser-Ichs. Ob diese Kategorien haltbar sind, soll die Interrater-Reliabilität zeigen. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dann auf der qualitativen Auswertung, bei der die Belegstellen hinsichtlich textartenspezifische Merkmale, Schreiberfahrungen sowie die sprachlichen Hintergründe der Schreiber*innen analysiert werden. Die Resultate werden genutzt, um einerseits Hypothesen über die Arten der möglichen Einflüsse zu gewinnen und andererseits aus schreibwissenschaftlicher Perspektive zu diskutieren, welche schreibdidaktischen sprachensensible Impulse gesetzt werden könnten, um den Studierenden einen bewussteren und sichereren Umgang mit dem „Ich“ beim akademischen Schreiben zu ermöglichen. Literatur Andresen, Melanie, & Knorr, Dagmar. (2017). KoLaS. Ein Lernendenkorpus in der Schreibberatungsausbildung einsetzen. Zeitschrift Schreiben, 2017, 10–17. www.zeitschrift-schreiben.eu/2017/#andresen Kruse, Otto. (2012). Wissenschaftliches Schreiben mehrsprachig unterrichten. Was ist möglich, was ist nötig? ÖDaF-Mitteilungen, 28(2), 9–25. Steinhoff, Thorsten. (2007). Zum ich-Gebrauch in Wissenschaftstexten. ZGL, 35(2), 1–26. doi:10.1515/ZGL.2007.002
05.04.201806.04.2018

Event

Writing Symposium der Universität Göttingen 2018

05.04.1806.04.18

Göttingen, Germany

Event: Workshop