Zur Authentizität des Ereignisses – Zur Zeugenschaft von Web Videos
Projekt: Dissertationsprojekt
Projektbeteiligte
- Simons, Sascha (Wissenschaftliche Projektleitung)
Beschreibung
Web Videos haben sich spätestens seit den regierungskritischen Protesten im Iran 2009 als Medien des Widerstands etabliert. Ob während des Arabischen Frühlings und der daran anschließenden Bürgerkriege, ob im Rahmen globaler Agitationen gegen neoliberale Politik und Finanzkapitalismus oder während der, auf den ersten Blick, ziellosen Zerstörungen der London Riots: Die omnipräsenten Objektive von Handkameras und Mobiltelefonen erweitern die Sichtbarkeit politischer Kontroversen und geben den vormals Ungehörten und Unsichtbaren Stimme und Gesicht.
Ihre schier unermesslich große Zahl erzeugt analog zur apparativen Objektivität der Kamera, die beliebige Details ungeachtet ihrer möglichen Bedeutung aufzeichnet eine mediale Aufmerksamkeit für jedes, vordergründig noch so beliebige Ereignis. Es scheint schlicht nichts zu geben, das nicht wert sei, aufgenommen und ver- bzw. geteilt zu werden. Während nach einer richtungsweisenden These Walter Benjamins Photographie und Kinematographie das optisch Unbewusste entdeckt haben, so wie die Psychoanalyse kurz zuvor auf das triebhaft Unbewusste gestoßen war, bietet das Panorama der Web Videoplattformen und Sozialen Netzwerkseiten gegenwärtig Einblicke in ein zuvor verschlossenes Unbewusstes sozialer Relationen und Dynamiken. Aus diesem Grund bieten Web Videos ein Authentizitätsversprechen, das sie von der Berichterstattung durch Presse und Rundfunk abhebt. Als oftmals exklusive Ereignisdokumente stiften sie alternative Weisen sozialer Zeugenschaft, die konstitutive Unterscheidungen von Tätern, Opfern und Zeugen ebenso unterlaufen wie die Konventionen massenmedialer Beglaubigungsprozesse.
Um diesen Zusammenhang theoretisch zu durchdringen, bilden Überlegungen zu medialer Authentizität und Zeugenschaft unter den Konditionen des Web 2.0 die heuristische Basis des medienästhetisch bzw. medienmorphologisch motivierten Promotionsprojekts und strukturieren seinen Aufbau. Ferner trägt die Studie auch der medienhistorischen und soziologischen Bedeutung einer Entwicklung Rechnung, die als YouTube-, Twitter- oder Facebook-Revolution auf die verkürzte Begrifflichkeit des buzzword gebracht worden ist. Denn wenn WebVideoplattformen und Soziale Netzwerkseiten zum privilegierten Ort werden, an dem politischer Dissens ereignishaft sichtbar wird, markiert dies eine unhintergehbare Weichenstellung für die kulturelle Legitimierung dieser Mediendispositive. Dieser Prozess aktualisiert dabei zu skizzierende Traditionen der Emanzipation und Partizipation, die bereits die medienhistorischen Diskurse um Video und Internet geprägt haben.
Web Videos formen also sinnlich erfahrbare Oberflächen nicht nur für soziale Widersprüche, sondern auch für Interferenzen zwischen sozialer und medialer Morphologie. Im Web 2.0 werden ästhetische Form und soziale Funktion in einem qualitativ wie quantitativ neuartigen Ausmaß miteinander verschränkt. Diese Wechselwirkungen zwischen sozialer und medialer Formendynamik äußern sich nicht nur in den Videos selbst, sondern auch in ihrer Produktions-, Rezeptions-, vor allem aber Distributionsästhetik. Dies betrifft die Verteilung von Handlungsträgerschaft und Rekonfiguration medialer Produktions- und Rezeptionsrollen sowie die damit verbundenen privaten bzw. öffentlichen Räume, moralischen Konventionen und kollektiven Selbstverständnisse. Das Promotionsprojekt widmet sich somit einer technologisch katalysierten Neu-Aufteilung des Sinnlichen mitsamt ihrer sozialen Resonanzen und politischen Konsequenzen.
Ihre schier unermesslich große Zahl erzeugt analog zur apparativen Objektivität der Kamera, die beliebige Details ungeachtet ihrer möglichen Bedeutung aufzeichnet eine mediale Aufmerksamkeit für jedes, vordergründig noch so beliebige Ereignis. Es scheint schlicht nichts zu geben, das nicht wert sei, aufgenommen und ver- bzw. geteilt zu werden. Während nach einer richtungsweisenden These Walter Benjamins Photographie und Kinematographie das optisch Unbewusste entdeckt haben, so wie die Psychoanalyse kurz zuvor auf das triebhaft Unbewusste gestoßen war, bietet das Panorama der Web Videoplattformen und Sozialen Netzwerkseiten gegenwärtig Einblicke in ein zuvor verschlossenes Unbewusstes sozialer Relationen und Dynamiken. Aus diesem Grund bieten Web Videos ein Authentizitätsversprechen, das sie von der Berichterstattung durch Presse und Rundfunk abhebt. Als oftmals exklusive Ereignisdokumente stiften sie alternative Weisen sozialer Zeugenschaft, die konstitutive Unterscheidungen von Tätern, Opfern und Zeugen ebenso unterlaufen wie die Konventionen massenmedialer Beglaubigungsprozesse.
Um diesen Zusammenhang theoretisch zu durchdringen, bilden Überlegungen zu medialer Authentizität und Zeugenschaft unter den Konditionen des Web 2.0 die heuristische Basis des medienästhetisch bzw. medienmorphologisch motivierten Promotionsprojekts und strukturieren seinen Aufbau. Ferner trägt die Studie auch der medienhistorischen und soziologischen Bedeutung einer Entwicklung Rechnung, die als YouTube-, Twitter- oder Facebook-Revolution auf die verkürzte Begrifflichkeit des buzzword gebracht worden ist. Denn wenn WebVideoplattformen und Soziale Netzwerkseiten zum privilegierten Ort werden, an dem politischer Dissens ereignishaft sichtbar wird, markiert dies eine unhintergehbare Weichenstellung für die kulturelle Legitimierung dieser Mediendispositive. Dieser Prozess aktualisiert dabei zu skizzierende Traditionen der Emanzipation und Partizipation, die bereits die medienhistorischen Diskurse um Video und Internet geprägt haben.
Web Videos formen also sinnlich erfahrbare Oberflächen nicht nur für soziale Widersprüche, sondern auch für Interferenzen zwischen sozialer und medialer Morphologie. Im Web 2.0 werden ästhetische Form und soziale Funktion in einem qualitativ wie quantitativ neuartigen Ausmaß miteinander verschränkt. Diese Wechselwirkungen zwischen sozialer und medialer Formendynamik äußern sich nicht nur in den Videos selbst, sondern auch in ihrer Produktions-, Rezeptions-, vor allem aber Distributionsästhetik. Dies betrifft die Verteilung von Handlungsträgerschaft und Rekonfiguration medialer Produktions- und Rezeptionsrollen sowie die damit verbundenen privaten bzw. öffentlichen Räume, moralischen Konventionen und kollektiven Selbstverständnisse. Das Promotionsprojekt widmet sich somit einer technologisch katalysierten Neu-Aufteilung des Sinnlichen mitsamt ihrer sozialen Resonanzen und politischen Konsequenzen.
Status | Laufend |
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Zeitraum | 01.11.09 → … |