Musikalische und klangliche Erinnerungsräume in der Post-Witness Era: Erinnern an die Zeit des Nationalsozialismus in Niedersachsen

Projekt: Forschung

Projektbeteiligte

  • Schoop, Monika (Wissenschaftliche Projektleitung)
  • Köhn, Thomas (Projektmitarbeiter*in)

Beschreibung

Die Erinnerungskultur in Deutschland steht aktuell vor großen Veränderungen und Herausforderungen. Mit Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus neigt sich die „Ära der Zeitzeug*innen“ (Wieviorka 2006) dem Ende zu. In der so genannten „Post-Witness Era“ (Popescu/Schult 2015) müssen neue Formen der Erinnerungsarbeit gefunden werden. Mediatisierte Formen des Erinnerns nehmen dabei einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Musik und Klang als Medien der Erinnerung sind hierbei weit verbreitet, haben in der Forschung aber bislang vergleichsweise wenig Beachtung gefunden. Das Projekt adressiert diese Forschungslücke und erforscht am Beispiel Niedersachsens die Rolle von Musik und Klang für die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus an der Schwelle zur Post-Witness Era. Dabei verfolgt es zwei zentrale Ziele:

Erstens untersucht das Projekt unter Rückgriff auf theoretische Konzepte der Cultural Memory Studies und der Raumsoziologie, wie durch musikalische und klangliche Praktiken Erinnerungsräume geschaffen werden. Methodisch greift es dabei auf Ethnographie, qualitative Inhalts- und Diskursanalyse sowie Ansätze der Musik-, Klang- und Soundscape-Analyse zurück, die in einer integrativen Musik- und Klanganalyse zusammengeführt werden. Dieser innovative Ansatz ermöglicht es, sowohl die soziale als auch die klangliche und musikalische Dimension der Erinnerungsräume zu erfassen und so wegweisende Erkenntnisse für die Disziplinen Cultural Memory Studies, Musikwissenschaft und Sound Studies zu generieren.

Zweitens schafft das Projekt in Kooperation mit zentralen Erinnerungs-Akteur*innen in Niedersachsen eine Plattform für die Vernetzung und den Dialog von Wissenschaft und Praxis. Gemeinsam mit der Gedenkstätte Bergen-Belsen, der Gedenkstätte Ahlem und der KZ-Gedenkstätte Moringen werden Workshops für nachhaltige Erinnerungsarbeit konzipiert, organisiert und durchgeführt. In den Workshops werden Herausforderungen gegenwärtiger Erinnerungskultur thematisiert, Potenziale von Musik und Klang für künftige Erinnerungsarbeit reflektiert und Handlungsstrategien erarbeitet. Das Potenzial von Musik und Klang wird zudem in der Entwicklung musik- und klangintegrierender Audioguides in Kooperation mit der Gedenkstätte Ahlem selbst erprobt und umgesetzt. Ziel ist es hierbei, sowohl die Vergangenheit kritisch zu erinnern, als auch Erinnerungskultur für neue Generationen zugänglich und somit zukunftsfähig zu gestalten.

Die Ergebnisse des Projektes werden auf nationalen und internationalen Konferenzen vorgestellt und gemeinsam mit den Kooperationspartner*innen in einer Projektpublikation veröffentlicht. So setzt das Projekt auch außerhalb Niedersachsens wichtige Impulse für die Erinnerungsarbeit in der Post-Witness Era.
Förderung: Nieders. Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) PRO*Niedersachsen 2021/2022- Forschungsprojekte der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften
StatusLaufend
Zeitraum01.10.2230.09.25