Home-Based Internationalization – Beratunsprojekt mit Werkhaus GmbH

Projekt: Praxisprojekt

Projektbeteiligte

Beschreibung

Die Region Lüneburg weist unterdurchschnittliche Innovationsbeteiligung und Unternehmensgründungen auf. Mit Blick auf die Stärkung der Region als Wirtschaftsstandort haben Kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) besonderes Potential und sind deshalb Zielakteure nationaler wie auch europäischer Förderpolitik.
Ausgehend von der Feststellung, dass der Schritt in ausländische Märkte gerade für KMUs eine besonders attraktive Wachstumsstrategie ist, stellt sich die Frage, warum sehr ähnliche Unternehmen unterschiedlich stark internationalisieren.
Der Projektpartner ist diesbezüglich ein Ausnahmefall: Werkhaus gehört zu den wenigen KMUs in der Region Lüneburg, die bereits über einen längeren Zeitraum international erfolgreich sind. Neben vielen positiven Effekten, lösen Internationalisierung und Wachstum jedoch problematische Dynamiken innerhalb des Unternehmens aus, deren kontrollierte Steuerung für den fortdauernden Unternehmenserfolg maßgeblich ist. Das vorliegende Beratungsprojekt trägt zum Verständnis der Dynamiken bei und ist damit Grundlage ihrer Berücksichtigung innerhalb des Unternehmens.
Das vorliegende Projekt lässt sich von folgender These leiten: Die (Wahrnehmung der) Charakteristika der Region, in der ein Unternehmen eingebettet ist, beeinflusst wesentlich dessen strategische Haltung und damit den Internationalisierungsgrad und Erfolg des Unternehmens. Internationalisierung und Erfolg wiederum wirken auf die (Wahrnehmung der) Charakteristika der Region zurück.

Ziele: Projektpartnerworkshop und Ergebnisbericht mit Handlungsempfehlungen für den Partner (Werkhaus GmbH)

Praktisches Erkenntnisinteresse: Identifikation für die Internationalisierung des Partners relevanter Faktoren und ihrer Wechselwirkungen sowie daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen.

Methode: Narrative Interviews, Grounded Theory, Storytelling

Ergebnisse: Die aus der Region stammenden Unternehmensgründer distanzierten sich bereits früh von den prävalenten konservativen Werteorientierungen der Region Lüneburg (Isolation von der Region). Durch das Gründerehepaar übertrug sich dieses Verhalten auch auf die Unternehmensstrategie. Anstatt Produkte herzustellen, die die Bedürfnisse der regionalen Bevölkerung berücksichtigen, hat die Werkhaus GmbH seit ihrer Gründung eine selbstzentrierte Produktentwicklung (Produktorientierung) verfolgt. So werden vor allem Produkte entwickelt, die den Unternehmensgründern subjektiv zusagen und nicht solche, die nach Analyse den höchsten Absatz in einem gegebenen Markt versprechen würden.
Wegen der Ablehnung der Produkte in der Region, war das Gründerehepaar gedrängt, von Beginn an aktiv nach überregionalen bis internationalen Abnehmern zu suchen. Diese Strategie erwies sich als erfolgreich, wobei das in Abgrenzung zur Region Lüneburg entstandene Image (zwar deutsch und ökologisch, aber andersartig und trotzig) als Alleinstellungsmerkmal nützte.
Die sofortige Internationalisierung bot für Werkhaus die Möglichkeit, als Produktionsbetrieb in der Region Lüneburg zu bleiben und, trotz des Andersseins, Erfolg zu haben. Und wie das Beratungsprojekt zeigt: Mit wachsender Bedeutung als Arbeitgeber und Steuerzahler werden die Werkhaus-Produkte auch regional zunehmend anerkannt. So gewinnt Werkhaus neben der internationalen Expansion als Hauptgeschäftsfeld die Region Lüneburg allmählich für sich (graduelle Regionalisierung) und festigt damit den eigenen Standort.
Neben der vorangegangenen Perspektive zum Selbstverständnis hat das Beratungsprojekt auch problematische Auswirkungen des Internationalisierungserfolgs identifiziert. Diese sollten in Zukunft besonders berücksichtigt werden: Der eigene Führungsstil des Gründerehepaars ist durch flache Hierarchien geprägt, was in kreativen Bereichen auch sinnvoll ist. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass Verantwortungsbereiche klar definiert sind, um Unsicherheiten auf Angestelltenseite zu vermeiden. Das Unternehmen lebt vom Charisma und der Kreativität des Geschäftsführers, mit steigender Angestelltenzahl können diese Eigenschaften jedoch nicht mehr in alle Bereiche ausstrahlen. Deshalb wird eine Dezentralisierung der Entscheidungsbefugnisse wie auch der kreativen Produktentwicklung empfohlen.

Reflexion: Das vorliegende Beratungsprojekt konnte insbesondere zum Verständnis der Bedeutung der Region Lüneburg für den Erfolg des Unternehmens beitragen. Außerdem konnten einzelne Herausforderungen identifiziert werden, mit denen das Unternehmen in Zukunft umzugehen hat. Bezüglich der Region Lüneburg hat sich gezeigt, dass sie auch als Standort für Unternehmen attraktiv ist, die ihre Produkte ausschließlich überregional bis international absetzen.

Dokumentation/Publikation: Ergebnisbericht für das Unternehmen; vorliegender Ergebnisbericht
StatusAbgeschlossen
Zeitraum01.04.1230.04.13