Vom Schützen und Nutzen zum erhaltenden Gestalten – Agrobiodiversität in ländlichen Räumen

Aktivität: Vorträge und GastvorlesungenKonferenzvorträgeForschung

Annemarie Burandt - Sprecher*in

Tanja Mölders - Sprecher*in

Die Trennung einer zu schützenden Natur von einer zu nutzenden Natur stellt eine der wesentlichen Blockaden nachhaltiger ländlicher Entwicklung dar: Indem Naturschutz und Naturnutzung nicht konsequent miteinander verbunden, d. h. als integrative Strategie konzeptualisiert und umgesetzt werden, wird nachhaltiges Wirtschaften in ländlichen Räumen erschwert.
Für Agrobiodiversität ergibt sich dabei ein besonderes Verhältnis von Schützen und Nutzen, denn Agrobiodiversität kann nur geschützt, d. h. erhalten werden, indem sie fortwährend genutzt, d. h. gestaltet wird. Gleichwohl charakterisieren die beiden Kategorien „Schützen“ und „Nutzen“ auch den Diskurs um Agrobiodiversität und stehen in unterschiedlichen Landwirtschaftsmodellen in einem jeweils unterschiedlichen Verhältnis zueinander: In der vorindustriellen Landwirtschaft brachte landwirtschaftliche Arbeit als Nutzung Agrobiodiversität hervor. Mit der industriellen Landwirtschaft verändert sich die Qualität landwirtschaftliche Arbeit. Technisisierung und neue politische Rahmenbedingungen bedingen einen Nutzungswandel, der insgesamt zu einem Verlust von Agrobiodiversität führt. In der postproduktivistischen, multifunktionellen Landwirtschaft tritt zur landwirtschaftlichen Arbeit als Nutzung die land-wirtschaftliche Arbeit als Schutz von Agrobiodiversität hinzu.
In unserem Beitrag gehen wir der Frage nach, inwiefern die aktuellen Politiken für ländliche Räume tatsächlich Möglichkeiten der Integration von „Natur schützen“ und „Natur nutzen“ im Sinne eines „erhaltenden Gestaltens“ von Agrobiodiversität eröffnen. Mit dem Konzept des erhaltenden Gestaltens schließen wir an den theoretischen Entwurf eines ökonomischen Grundprinzips an,1 das die Pflege und den Erhalt von Natur als Teil der wertschöpfenden Ökonomie begreift und nicht als Schutz aus Wirtschaftsprozessen ausgelagert. Als sozial-ökologisches Prinzip verbinden sich im erhaltenden Gestalten zudem Natur- und Sozialraum: Ländliche Räume erhaltend zu gestalten bedeutet entsprechend, so zu wirtschaften, dass für die Reproduktionsfähigkeit von Natur und Gesellschaft gesorgt wird.
Ein erhaltendes Gestalten von Agrobiodiversität könnte so als „alte neue“ Funktion ländlicher Räume zu deren nachhaltiger Entwicklung beitragen.

gemeinsam mit Tanja Mölders
18.11.2011

Veranstaltung

12. Jahrestagung des Arbeitskreises „Ländlicher Raum“ der Deutschen Gesellschaft für Geographie - DGfG 2011: Neue Funktionen und Nutzungen in ländlichen Räumen – Perspektiven und Herausforderungen für die Raumentwicklung und Raumforschung

17.11.1118.11.11

Soest, Deutschland

Veranstaltung: Konferenz